Der „böse“ Apotheker?


Die Einstellung eines Patienten mit Epilepsie auf die Medikation ist teilweise eine aufwendige und diffizile Angelegenheit. Antiepileptika gehören zu den so genannten Critical-Dose-Drugs. Änderungen der Zubereitungsform können ungewollte Änderungen der Wirkungen beim Patienten nach sich ziehen.

Das seit über zehn Jahren im Handel befindliche Antiepileptikum Lamotrigin steht nun auch als Generikum zur Verfügung. Dies war Anlass für den Originalhersteller, in einer Pressekonferenz auf die Risiken und Gefahren der Umstellung hinzuweisen. Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden. Etwas störend war allerdings schon, dass in den Beiträgen zum Teil deutlich, zum Teil unterschwellig vermittelt wurde, dass dieses Risiko vor allem dadurch noch verstärkt wird, weil ja der Apotheker nur nach dem Geld und nicht nach der Qualität und dem Wohl des Patienten guckt. So stellte der Rechtsanwalt und Arzt Priv.-Doz. Dr. Christian Dierks, Berlin, die Frage: „ … und woher wissen Sie, was der Patient bekommt, auch wenn das Originalpräparat verordnet ist?“

Er benutzte das leider zu weit verbreitete Klischee vom geldgierigen, Vorschriften übertretenden Apotheker, um die Aut-idem-Regelung und die Anwendung von Generika in Frage zu stellen. Fair ist es keinesfalls, Vorschriften und Verordnungen dadurch in Frage zu stellen, dass man einen ganzen Berufsstand diffamiert. Dass es schwarze Schafe gibt, bestreitet niemand, aber ihr Anteil dürfte in allen Berufen und Bereichen vergleichbar hoch sein. Wer kann nicht eine ganze Reihe von Beispielen für Juristen oder Ärzte nennen, die ihre Handlungsweise primär nach der Möglichkeit der Rechnungsstellung ausrichten?

Und es waren ja gerade Apotheker, die bereits im Jahr 2002 Leitlinien zu einer guten Substitutionspraxis erarbeitet und publiziert haben (Dtsch Apoth Ztg 2002;142:1205–14). Und in dieser Leitlinie heißt es unter anderem, dass in bestimmten Situationen auf eine Substitution verzichtet werden sollte, z. B. „wenn die Substitution bei dem Patienten Befürchtungen auslösen könnte (z. B. bei Antiepileptika oder Arzneimitteln zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen nach Transplantationen), dass sich sein Krankheitsbild durch den Präparatetausch erheblich verschlechtern könnte; dabei ist es unerheblich, ob die Ängste rational begründet sind oder nicht.“

Antiepileptika gehören nach dieser Leitlinie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft also eindeutig zu den Arzneimittelgruppen, bei denen eine Substitution kritisch sein kann. Dieses Risiko durch Präparatewechsel kann jedoch ganz einfach dadurch verhindert werden, dass auf der Verordnung die Substitution ausgeschlossen wird.

Und vielleicht stellt sich das Problem auch nicht mehr als so gravierend dar, wenn der Originalhersteller seinen Preis an die im Markt herrschenden Preise anpasst, Anfang 2006 wird der Festbetrag sowieso kommen.

Susanne Heinzl

Quelle
Prof. Dr. med. Hermann Stefan, Erlangen, Dr. med. Günter Krämer, Zürich, Priv.-Doz. Dr. Dr. Christian Dierks, Berlin, Fachpressekonferenz „Epilepsietherapie: Kontinuität schafft Vertrauen“, München, 8. April 2005, veranstaltet von GlaxoSmithKline.

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