Fortschritt in der HCV-Behandlung


Heike Oberpichler-Schwenk

Mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) sind in Deutschland Schätzungen zufolge zwischen 400000 und 500000 Menschen infiziert. Nur etwa ein Viertel der Infektionen verursacht eine akute Hepatitis mit oft mildem Verlauf, aber 50 bis 85% der Infektionen gehen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in eine chronische Form mit zunächst unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit und Leistungsschwäche und mit fluktuierenden Transaminasenerhöhungen über. Bei etwa einem Fünftel der chronisch HCV-Infizierten entwickelt sich im Laufe von 20 bis 30 Jahren eine Leberzirrhose, und diese Patienten haben ein hohes Risiko, ein Leberzellkarzinom zu entwickeln (1–5%/Jahr) [1]. Die HCV-Infektion ist die häufigste Ursache eines Leberzellkarzinoms und auch die häufigste Ursache für eine Lebertransplantation.

Anders als bei Hepatitis B, die durch ein DNS-Virus verursacht wird, ist bei der Hepatitis C, deren Erreger ein RNS-Virus ist, prinzipiell eine Heilung im Sinne einer Eradikation des Erregers möglich. Die Standardtherapie bei chronischer HCV-Infektion besteht in der Gabe von Peginterferon alfa und Ribavirin. Allerdings sind hierzulande und auch in den USA etwa zwei Drittel der Betroffenen mit dem schwierig zu behandelnden Genotyp 1 der HCV infiziert. Hier ist die Standardtherapie nur bei etwa 50% der Patienten erfolgreich; beim zweithäufigsten Genotyp (3) werden Heilungsraten von 60 bis 80% erreicht. Eine „Heilung“ wird konstatiert, wenn unter einer Therapie Virusfreiheit erreicht wird und auch 24 Wochen nach Ende der Therapie keine HC-Viren nachweisbar sind („anhaltendes virologisches Ansprechen“, SVR).

Große Erwartungen in puncto höhere Heilungsraten bei chronischer HCV-Genotyp-1-Infektion werden in eine neue Substanzklasse gesetzt, die in diesem Jahr wohl gleich mit zwei Vertretern verfügbar wird, die oralen HCV-Proteasehemmer. Am 18. Juli erhielt Boceprevir (Victrelis®; MSD) die europäische Marktzulassung; nur drei Tage später erhielt Telaprevir (Incivo®; Janssen-Cilag) die Zulassungsempfehlung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP), so dass es voraussichtlich ebenfalls in den nächsten Monaten zugelassen wird. In den USA sind beide Wirkstoffe bereits seit Mai zugelassen.

Beide Proteasehemmer müssen als Dreifachtherapie zusammen mit Peginterferon alfa und Ribavirin angewendet werden. Bei Telaprevir schließt sich an die 12-wöchige Dreifachtherapie eine 12- bis 36-wöchige Weiterbehandlung mit Peginterferon alfa und Ribavirin an [2]. Die Behandlung mit Boceprevir sieht hingegen eine 4-wöchige Vorlaufphase (Lead-in) mit Peginterferon alfa und Ribavirin vor, an die sich eine je nach Vorbehandlungsstatus und Verlauf der HCV-RNS unterschiedlich lange Dreifachtherapie anschließt. Mit beiden Proteasehemmern wurde eine gegenüber der Stardardtherapie deutliche Zunahme der SVR-Raten erreicht, und zwar sowohl bei nicht vorbehandelten Patienten als auch bei Patienten, die auf eine vorangegangene Standardtherapie nicht ausreichend angesprochen hatten oder danach einen Rückfall erlitten hatten. Als unerwünschte Wirkung steht bei Boceprevir die Anämie im Vordergrund, die bei 49% (Standardtherapie 29%) der Patienten auftrat [3]; ihr kann durch eine Reduktion der Ribavirin-Dosis begegnet werden, in schweren Fällen durch die Gabe von Erythrozyten. Bei Telaprevir sind Hautausschläge sehr häufig (56%); bei 36% der Patienten fiel der Hämoglobin-Wert unter 10 mg/dl [2].

Beide Wirkstoffe gehören, auch wegen der komplexen Protokolle mit regelmäßigen Kontrollterminen, in die Hand von Spezialisten, stellen aber eine vielversprechende Neuentwicklung in der Therapie der chronischen HCV-Infektion dar.

Literatur

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