EditorialDr. Bettina Krieg, Stuttgart

Zecken lauern überall

ÜbersichtIngo Stock, Bonn

Frühsommer-Meningoenzephalitis

Virale Erkrankung ohne spezifische Therapieoptionen

Ein Zeckenstich birgt die Gefahr, sich mit dem Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSME-Virus) oder den Erregern der Lyme-Borreliose (s. nächster Beitrag) zu infizieren. FSME kann sich durch unspezifische Symptome und/oder schwere neurologische Krankheitsbilder wie Meningitiden, Enzephalitiden und Myelitiden zeigen. In Deutschland kommt FSME vor allem in Bayern und Baden-Württemberg vor – je nach Region sind dort 1 bis 4% aller Ixodes-ricinus-Zecken mit dem FSME-Virus infiziert. Die Behandlung der FSME erfolgt symptomatisch, eine antivirale Therapie gibt es nicht. Die in Mitteleuropa erworbene FSME hat eine Letalität von 0,5 %, die im höheren Lebensalter auf mehr als 2 % steigt. In Endemiegebieten bietet die aktive Immunisierung mit inaktivierten FSME-Viren, für die in der EU zwei wirksame und sichere Impfstoffe zur Verfügung stehen, den wichtigsten Schutz vor FSME. Der Expositionsprophylaxe (Schutz vor Zeckenstichen) kommt ebenfalls eine große Bedeutung zu.

FlaggeEnglish abstract

Tick-borne encephalitis – an update

Tick-borne encephalitis (TBE) is a systemic infectious disease with nonspecific symptoms and/or severe neurological disorders such as meningitis, encephalitis and myelitis. The disease is caused by TBE virus, an enveloped RNA virus belonging to the family of flaviviruses. Three subtypes are currently present in different parts of Europe and Asia. The TBE virus is transmitted to humans primarily by the tick bite of Ixodes species such as I. ricinus, but also by the ingestion of contaminated raw milk and raw milk products. In Germany, more than 75% of all TBE cases occur in Bavaria and Baden-Württemberg (southern Germany). Depending on the region, 1 to 4% of adult I. ricinus ticks in southern Germany are infected with the central European TBE virus variant. Treatment of TBE is symptomatic and supportive, a specific antiviral therapy does not exist. TBE cases acquired in central European countries have usually a good prognosis. Mortality rates above 2% have been documented in cases of tick-borne encephalitis in the elderly. In endemic areas, active immunization with inactivated TBE virus vaccines provides the most secure protection against TBE. In addition, exposure prophylaxis (protection against tick bites) plays a crucial role for TBE prevention.

ÜbersichtIngo Stock, Bonn

Lyme-Borreliose

Bakterielle Erkrankung mit vielfältigen Manifestationen

Neben dem FSME-Virus (s. voriger Beitrag) werden auch die Erreger der Lyme-Borreliose durch Zeckenstiche übertragen. Lyme-Borreliose wird durch Bakterien aus dem Borrelia-burgdorferi-Komplex hervorgerufen. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu einem Drittel aller adulten Ixodes-ricinus-Zecken mit diesen Borrelien infiziert sind. Die Erkrankung zeigt sich in vielfältigen klinischen Manifestationen: Frühe Manifestationen betreffen die Haut und zeigen sich vor allem als Erythema migrans. Die häufigste Spätmanifestation der Lyme-Borreliose ist die Lyme-Arthritis. Eine Impfung steht derzeit nicht zur Verfügung. Mit einer antibakteriellen Therapie, für die in erster Linie Doxycyclin, Penicilline wie Amoxicillin sowie einige Cephalosporine eingesetzt werden, lassen sich frühe und meist auch späte Manifestationen der Lyme-Borreliose erfolgreich behandeln. Besonders herausfordernd ist die Behandlung chronischer, unspezifischer Beschwerdebilder. Eine prophylaktische Antibiotika-Gabe nach Zeckenstichen wird in Deutschland nicht empfohlen.

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Lyme disease – clinical manifestations and treatment

Lyme disease (Lyme borreliosis) is a systemic infectious disease that can present in a variety of clinical manifestations. The disease is caused by a group of spirochaetes – Borrelia burgdorferi sensu lato or Lyme borrelia – that are transmitted to humans by the bite of Ixodes ticks. Lyme disease is the most common arthropode-borne infectious disease in many European countries including Germany. Early localized infection is typically manifested by an erythema migrans skin lesion, in rarer cases as a borrelial lymphocytoma. The most common early disseminated manifestation is (early) neuroborreliosis. In adults, neuroborreliosis appears typically as meningoradiculoneuritis. Neuroborreliosis in children, however, is typically manifested by meningitis. In addition, multiple erythema migrans lesions and Lyme carditis occur relatively frequently. The most common manifestation of late Lyme disease is Lyme arthritis. Early manifestations (and usually also late manifestations) of Lyme disease can be treated successfully by application of suitable antibacterial agents. For the treatment of Lyme disease, doxycycline, certain penicillins such as amoxicillin and some cephalosporins (ceftriaxone, cefotaxime, cefuroxime axetil) are recommended in current guidelines. A major challenge is the treatment of chronic, non-specific disorders, i. e., posttreatment Lyme disease syndrome and “chronic Lyme disease”. Prevention of Lyme disease is mainly accomplished by protecting against tick bites. Prophylactic administration of doxycycline after tick bites is generally not recommended in Germany. There is no vaccine available for human beings.

Klinische PharmazieAndreas von Ameln-Mayerhofer, Sindelfingen

Lyme-Arthritis – ein Fallbeispiel

„Meine Knie tun so weh!“

Die Lyme-Borreliose ist eine ernstzunehmende Infektionskrankheit, die unbehandelt nicht ausheilt und zu relevanten Spätkomplikationen führen kann. An einem Fallbeispiel aus der klinischen Praxis wird eine mögliche Sekundärinfektion mit Borrelien beschrieben. Dieses Beispiel unterstreicht die Notwendigkeit einer frühzeitigen korrekten Diagnose sowie einer schnellen und optimalen Abstimmung der rationalen Antibiose. Zum anderen werden praxisrelevante Probleme diskutiert wie die Wahl des richtigen Antibiotikums mit adäquater Galenik und das mögliche Vorgehen bei Entlassung des Patienten mit seinen jeweiligen Vor- und Nachteilen.

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Lyme-Arthritis - a case report

Lyme disease is a serious infectious disease which, if untreated, does not recover and leads to further complications that might be severe. This exemplary case report describes a possible secondary Borrelia infection. It underlines that early antibiotic therapy in the correct dosage is essential. Furthermore, problems are discussed that might occur in context of the decision process concerning the best antibiotic substance and the optimal application route. Last but not least, possible problems associated with the discharge from hospital are discussed. In conclusion, early diagnosis together with an on-time optimal antibiotic therapy are fundamental in the clinical management of Lyme disease.

Fragen aus der PraxisAlexander Ströhle und Andreas Hahn, Hannover

Vitamin D in der Schwangerschaft

Wirft das Sonnenvitamin auch Schatten?

Welche Auswirkungen hat eine unzureichende oder zu hohe Vitamin-D-Versorung in der Schwangerschaft? Sollte Schwangeren eine Vitamin-D-Supplementierung empfohlen werden und – falls ja – in welcher Menge?

Referiert & kommentiertDr. Maja M. Christ, Stuttgart

Neoadjuvante Therapie bei Mammakarzinom

Pathologische Komplettremission als Surrogatmarker für krankheitsfreies Überleben

Auf dem „San Antonio Breast Cancer Symposium“ (SABCS) tragen jedes Jahr im Dezember Forscher aus aller Welt neue Erkenntnisse zur Brustkrebsforschung zusammen. Bei einer Zusammenfassung der Highlights Anfang des Jahres auf einem Fachpresse-Workshop in München galt das Augenmerk insbesondere Studien mit Patientinnen mit dreifach negativen (Hormonrezeptor- und HER-2-negativen) Tumoren und dem Einfluss einer pathologisch bestätigten Komplettremission auf das Gesamtüberleben.

Referiert & kommentiertRika Rausch, Stuttgart

Spondyloarthritiden

Gezieltes Eingreifen ins Entzündungsgeschehen

Bei Spondyloarthritiden spielt das proinflammatorische Interleukin 17A eine wichtige Rolle in der Regulation der Immunantwort des Körpers. Im Fall der Psoriasis-Arthritis führt es zu schmerzhafter Gelenkentzündung, Schwellung und Druckempfindlichkeit, bei der ankylosierenden Spondylitis langfristig zu einer Erosion der Knochen. Ende 2015 erhielt der IL-17A-Inhibitor Secukinumab die europäische Zulassung in diesen Indikationen. Auf der von Novartis veranstalteten Launch-Pressekonferenz wurde erläutert, welche Patienten von der neuen Therapieoption profitieren.

Referiert & kommentiertDr. Claudia Bruhn, Schmölln

Übergewicht und Adipositas

Adipositas als chronische Krankheit behandeln

Der Umfang der medizinischen Optionen bei Übergewicht und Adipositas ist begrenzt. Mit einer bariatrischen Operation lässt sich zwar wirkungsvoll Abhilfe schaffen, doch diese Methode ist nur bei einem überschaubaren Teil der Patienten einsetzbar. Auch die Zahl der zugelassenen Arzneimittel ist gering. Eine neue und vielversprechende Option ist das im März 2015 durch die Europäische Kommission zugelassene Liraglutid (Saxenda®), das bereits aus der Therapie des Typ-2-Diabetes bekannt ist.

Referiert & kommentiertHelga Vollmer, M.A., München

Ernährungsformen

Mythen und Fakten zum Thema Ernährung

Bei Themen rund um potenzielle Vorteile sowie Gefahren von speziellen Lebensmitteln oder Ernährungsformen besteht auch in der Apotheke Beratungsbedarf. Zwei Workshops in München gaben einen Überblick darüber, welche Fragen und Trends derzeit rund um die Ernährung diskutiert werden. Organisiert wurden die Veranstaltungen vom Kompetenzzentrum für Ernährung des bayerischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie der ZIEL-Akademie der Technischen Universität.

Referiert & kommentiertMaria Weiß, Berlin

Reproduktionsmedizin

Neues Biosimilar des Follikel-stimulierenden Hormons eingeführt

Vor einer künstlichen Befruchtung ist es notwendig, die Eizellreifung zu stimulieren. Rekombinantes Follikel-stimulierendes Hormon (rFSH) hat hier einen hohen Stellenwert. Seit Ende 2015 steht mit Ovaleap® ein neues Biosimilar zur Verfügung. Es wurde bei einer Pressekonferenz der Firma Teva vorgestellt.