Kommentar

Akute Infektionen der Atemwege: weder Antibiotika noch Glucocorticoide sind sinnvoll


Prof. Dr. Ralf Stahlmann, Berlin

Die zunehmende bakterielle Resistenz gegenüber Antibiotika stellt ohne Zweifel eine der größten Herausforderungen in der Medizin dar. Zahlreiche Vorschläge sind gemacht worden, um diese problematische Entwicklung zu stoppen. An erster Stelle stehen Empfehlungen, den Gebrauch der Antibiotika zu reduzieren. Dies kann durch eine Verkürzung der Behandlungsdauer erfolgen – bei einigen Indikationen liegen Studien vor, die den Vorteil kürzerer Behandlungszeiten belegen. Ein anderer Weg besteht in einem völligen Verzicht auf Antibiotika bei bestimmten Erkrankungen.

Es gibt gute Belege dafür, dass bei akuten Infektionen der Atemwege Antibiotika keinen Nutzen haben: In einer umfangreichen Studie mit mehr als 2000 Patienten war kein signifikanter Vorteil von Amoxicillin im Vergleich zu Placebo zu erkennen.

Typische Symptome bei Asthma bronchiale, wie eine inflammatorische Reaktion der Atemwege und ein Bronchospasmus, bestehen auch bei einer akuten Infektion der unteren Atemwege.

Glucocorticoide besitzen in der Asthmatherapie einen hohen Stellenwert und daher werden sie auch bei akuten Infektionen der Atemwege häufig verordnet. In einer Untersuchung aus den USA zeigte sich wie weit verbreitet diese Praxis offenbar ist: insgesamt erhielt etwa jeder sechste Patient mit akuter Bronchitis Prednisolon. Ist das sinnvoll? Dieser Frage gingen Wissenschaftler der University of Bristol (UK) nach und verglichen Wirksamkeit und Verträglichkeit von Prednisolon in einer Dosierung von 40 mg täglich mit den Wirkungen von Placebo-Tabletten. Die Präparate wurden fünf Tage lang verabreicht. Weder die Dauer der Symptome noch ihr Schweregrad wurden durch das Glucocorticoid beeinflusst.

Die Ergebnisse belegen, dass bei dieser Indikation eine spezifische Therapie nicht notwendig ist. Sie ergänzen die Resultate der Placebo-kontrollierten Studie mit Amoxicillin. Bei akuten Infektionen der unteren Atemwege sind unspezifische Maßnahmen ausreichend. Weder Antibiotika noch Glucocorticoide sind notwendig, wenn die Diagnose stimmt. Selbstverständlich fällt die Beurteilung anders aus, wenn bei dem betroffenen Patienten ein Asthma bronchiale oder eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) bekannt ist oder wenn es Hinweise auf eine Pneumonie gibt. Wie so oft in der Medizin kommt es also auf eine exakte Diagnose an. Neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung können Laboruntersuchungen, wie die Bestimmung des C-reaktiven Proteins (CRP), wertvolle Hinweise liefern, um schwerwiegendere Verläufe zu erkennen.

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