Hilfe bei Vergiftungsverdacht


Dr. Mathias Schneider, Stuttgart

Foto: privat

Eine Frau betritt gemeinsam mit ihrem Kind die Apotheke. Sie ist sichtlich aufgelöst und wirkt sehr besorgt. Im Gespräch erklärt sie, dass ihr Kind soeben einige Beeren einer ihr nicht bekannten Pflanze gegessen hat. Nun wisse sie nicht, was zu tun ist. Die Nummer eines Giftinformationszentrums hatte sie nicht parat, auch keine Aktivkohle, die sie dem Kind hätte geben können. Da das Kind bisher keine Symptome oder Auffälligkeiten zeigte, wollte sie aber auch nicht den Notarzt informieren. Glücklicherweise hat sie aber ein paar Zweige der besagten Pflanze dabei, sodass der Apotheker diese als Holunder identifizieren kann. Die Sorge war in diesem Fall also nicht begründet: Zwar sind die Beeren nicht gut verträglich und können auch mal zu Übelkeit und Erbrechen führen. Schlimmere Vergiftungen sind aber bei geringen Mengen nicht zu befürchten. Dennoch untermauert dieser Fall aus dem Apothekenalltag zwei Punkte. Erstens ist das Thema Vergiftung für Laien oft schwierig einzuschätzen. Das gilt sowohl für den Bereich Botanik als auch für andere teils gefährliche Substanzen wie Haushaltschemikalien. Daher benötigen die Betroffenen Hilfe von Experten – am besten schnell und leicht zugänglich wie bei der Apotheke vor Ort. Zweitens besitzen Apotheker aufgrund ihrer Ausbildung nicht nur ein umfangreiches Wissen über Pharmakologie und Toxikologie. Sie werden auch von der Bevölkerung als Experten wahrgenommen. Dieses Vertrauen gilt es zu bestätigen und auszubauen, um so einen weiteren Beitrag zur Gesundheit der Bevölkerung beizutragen. Diese Expertise zeigt daher auch umso mehr, wieso eine funktionierende Apothekenstruktur alternativlos ist. Vergiftungen sind in Deutschland keine Seltenheit. Für das Jahr 2017 verzeichnet das Giftinformationszentrum in Göttingen 38 653 Anfragen, die auf eine Vergiftung oder zumindest auf einen Verdacht zurückgehen [1]. Betroffen sind vor allem Kleinkinder. Gerade Vergiftungen mit Pflanzen treten hier häufiger auf als in anderen Altersgruppen, zumal heimische, giftige Pflanzen wie die Eibe durchaus in der Nähe von Spielplätzen vorkommen. Deren Beeren, die einen süßlichen Geschmack besitzen, sind zwar selbst nicht giftig, die enthaltenen Samen aber schon. Werden diese verschluckt, sollten schnellstmöglich entsprechende Maßnahmen getroffen und ein Giftinformationszentrum kontaktiert werden. Auch hier ist es im Zweifel gut, wenn kompetente Hilfe in der Nähe ist. Neben der Beratung sind Apotheken auch verpflichtet, Antidote wie Aktivkohle oder Entschäumer auf Lager zu halten. Am deutlichsten wird die entscheidende Rolle der Apotheken bei der Prävention von Vergiftungen, wenn man die häufigste Ursache betrachtet. Denn ganz vorn bei den Anfragen beim Giftinformationszentrum stehen Vergiftungsverdachtsfälle im Zusammenhang mit Arzneimitteln. Da diese meist versehentlich auftreten, können Apotheker durch Beratung zum richtigen Umgang einen entscheidenden Beitrag leisten.

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