Zeit, sich kennenzulernen!


Dr. Tanja Saußele, Stuttgart

Foto: Ferdinando Iannone

Bei einem Blick in die Kundendatei bemerken Sie, dass eine Patientin, die regelmäßig Antihypertensiva verschrieben bekommt, eines der verordneten Medikamente nicht haben möchte, da sie davon angeblich noch zu Hause hat. Bei genauer Nachfrage erfahren Sie, dass sie von der verordneten Menge höchstens die Hälfte einnimmt, da sie das Arzneimittel wohl nicht gut vertrage. Solche Szenarien gehören zum Alltag in der Offizin. Die Patientin ist nicht adhärent.

Verschiedenen Gedanken gehen Ihnen wahrscheinlich durch den Kopf: Weiß der Arzt Bescheid? Wie bringe ich die Patientin dazu, ihre Medikation regelmäßig in der vorgesehenen Dosierung einzunehmen? Was können die Folgen sein, wenn die Patientin ihre Tabletten nicht regelmäßig einnimmt? Und was ist mit all den anderen Patienten? Nehmen die ihre Arzneimittel regelmäßig und korrekt ein?

Aus Studien wissen wir, dass nach einem Jahr nur noch etwa 50 % der Patienten ihre verordneten Arzneimittel regelmäßig und korrekt einnehmen [1]. Die Folgen für das Gesundheitssystem sind immens. Ein wesentlicher Kostentreiber sind hier vermeidbare Krankenhausaufenthalte. Daten eines aktuellen Reviews aus den USA bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen zeigen, dass die bedarfsgerechte Adhärenzförderung durch Apotheker zur Kosteneinsparung im Gesundheitssystem führt [2]. Solche Analysen und auch Daten zur Morbidität und Mortalität werden für die flächendeckende Implementierung in Deutschland jedoch dringend benötigt.

Im Workshop „Adhärenzförderung“ im Rahmen der DGKPha-Tagung stellte Professorin Dr. Martina Hahn, Frankfurt, vor, wie Adhärenz bestimmt und auch verbessert werden kann. Einige hilfreiche Tipps lesen Sie in unserem Bericht.

Dass die Förderung der Therapietreue am besten funktioniert, wenn alle am Gesundheitssystem Beteiligten zusammenarbeiten, betonte Dr. Marina Weißenborn aus Heidelberg in ihrem Vortrag zur interprofessionellen Zusammenarbeit. Aber warum funktioniert diese Zusammenarbeit zum Wohle des Patienten häufig nicht? Welche Barrieren hier zu überwinden sind und welche Indikatoren zum Erfolg führen, lesen Sie im DGKPha-Bericht. Das persönliche Kennenlernen steht hier an erster Stelle. Wie sieht das bei Ihnen aus? Kennen Sie die Ärzte in Ihrer Umgebung, deren Patienten Sie versorgen, persönlich? Wenn nicht, dann wird es Zeit, sich vorzustellen. Es lohnt sich – nicht nur zum Wohle des Patienten.

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