Medizin meets Smartphone


Saskia Fechte, Stuttgart

Foto: Ferdinando Iannone

Die Medizin besser zu machen, den Patienten eine bessere Versorgung zu bieten und unser Gesundheitssystem fit für die Zukunft zu machen: Diese Ziele der Digitalisierung formulierte das Bundesministerium für Gesundheit bereits im Jahr 2020 [2]. Allerdings hapert es bis heute bei der praktischen Umsetzung der bestehenden technischen Möglichkeiten, Stichwort: E-Rezept. Über eine elektronische Patientenakte verfügen gerade einmal 0,7 % der gesetzlich Versicherten [3]. Andere E-Health-Bereiche nehmen dagegen Fahrt auf. Podcasts, Apps und Videosprechstunden beginnen sich im Dienste der Gesundheitsförderung und -information als wichtige Werkzeuge zu etablieren. Neue und schlecht erreichbare Zielgruppen, darunter junge Menschen und jene, die in der Gesellschaft oder im Gesundheitssystem oft übersehen werden, können vom niedrigschwelligen Zugang besonders profitieren.

In einem Aspekt haben wir sogar die Nase vorn: Allen gesetzlich Versicherten in Deutschland stehen seit Herbst 2020 grundsätzlich Versorgungsleistungen im Rahmen der Anwendung von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) zur Verfügung. Laut Prof. Dr. Martin Möckel, Sprecher der DGIM-Arbeitsgruppe DiGA/KI in Leitlinien, eine echte „Innovation aus Deutschland“ [3]. Sofern sie im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gelistet sind, können sie ärztlich verordnet und von den Krankenkassen erstattet werden. Derzeit finden sich dort 54 Angebote, die geltende Anforderungen an Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität, Datenschutz und Datensicherheit sowie den Nachweis eines positiven Versorgungseffektes erfüllen. Die Indikationen reichen von COPD und Endometriose über Brustkrebs und Tinnitus bis zum Reizdarmsyndrom [1]. Mit 24 Einträgen ist die Kategorie „Psyche“ hier Spitzenreiter. Eine erste Auswertung der Techniker Krankenkasse für den Zeitraum Oktober 2020 bis Dezember 2021 ergab: 92 % der ausgegebenen Freischaltcodes wurden von den Versicherten eingelöst [6]. Am häufigsten genutzt wurden Angebote zu psychischen und muskuloskelettalen Erkrankungen sowie Tinnitus. Lukrativ scheint das Konzept auch zu sein: Prognosen erwarten für Deutschland bis 2026 ein Marktvolumen für Digital-Health von 59 Milliarden Euro [5].

Zunehmend entdecken auch Kliniken und Fachärzte digitale Formate für sich als Plattform und versorgen interessierte Abonnenten mehr oder weniger regelmäßig mit aktuellen Studienergebnissen, Erfahrungen aus der Praxis und Hintergrundinformationen. So ist auch Prof. Dr. Kai O. Hensel, Autor unserer Übersicht zum Thema „Zöliakie in der Pädiatrie“ auf Seite 366 dieser Ausgabe, nicht nur Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin in Wuppertal, sondern außerdem als Podcastproduzent für „Die Expertise-Piraten“ unterwegs [4]. Unter www.reine-nervensache.de bloggt Prof. Dr. Sven Meuth, Düsseldorf, über Entwicklungen in der Neurologie, der „rezeptfreie Medizinertalk“ namens „Hand aufs Herz“ von Kardiologe Dr. Markus Knapp, Schwäbisch Hall, bietet lockere Informationen zu sonst eher komplexen Fragen der Herzmedizin.

Apps und Co. sind als Zusatzangebote zur Informationsvermittlung sowie als sinnvolle Ergänzung und Unterstützung zur medizinischen Versorgung zu sehen. Sie können kein Ersatz für Arztbesuche, Medikation oder eine Psychotherapie sein, dennoch machen sie Medizin leichter zugänglich und sind obendrein unterhaltsam.

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