In vielen Indikationenbereichen tut sich in der Arzneimittelforschung nicht allzuviel. Dies zeigt sich auch deutlich am Marketing-Aufwand, der für einzelne Präparate betrieben wird. Ein Bereich in der Medizin und vor allem in der Pharmaindustrie, der in den letzten Jahren besonders boomt, ist die Onkologie. Beim Besuch der einschlägigen Kongresse und Fachausstellungen wird deutlich, wie die Wettbewerber versuchen, sich mit ihren Angeboten und Ständen in Ausstattung und Größe gegenseitig zu übertrumpfen. Zu diesem Boom in der Onkologie haben neue, erfolgversprechende und teilweise sehr gut wirksame Arzneimittelentwicklungen beigetragen, wie monoklonale Antikörper, die an verschiedenen Targets angreifen, oder beispielsweise Tyrosinkasehemmer.

Der Trend geht zur Entwicklung gentechnisch produzierter Arzneimittel, nicht zuletzt deshalb, weil diese nicht so leicht nachzumachen sind. In diesem Markt ist die „Preiswelt“ aus Sicht der Industrie noch einigermaßen in Ordnung. Hohe Preise für gentechnisch hergestellte Arzneimittel kann man als Außenstehender bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, weil der Aufwand für Produktion und Herstellung der Substanzen groß ist.

Warum aber kleinmolekulare Substanzen, wie zum Beispiel Tyrosinkinasehemmer, derart hohe Preise haben, ist nicht verständlich.

Als Grund wird von den Vertretern der Pharmaindustrie gebetsmühlenartig die magische 800-Millionen-Euro-Geschichte zu den Kosten der Entwicklung eines Arzneimittels vorgebracht. Bei speziellen Indikationen kommt noch das Argument eines kleinen Marktes hinzu.

Selbstverständlich ist die Entwicklung eines Arzneimittels aufwendig und teuer. Andererseits ist der Aufwand in einzelnen Gebieten durchaus unterschiedlich. Während im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor der Markteinführung Studien mit mehreren Tausend Patienten über teilweise lange Zeit durchgeführt werden, sind die Patientenzahlen im onkologischen Bereich sehr viel kleiner, die Studien dauern in der Regel auch kürzer. Diskussionswürdig wäre bei mancher Entwicklung sicher auch, wieviele Prämarketing-Kosten in den Entwicklungskosten enthalten sind.

Mein persönlicher Eindruck ist, dass bei der Preisgestaltung insbesondere bei in der Onkologie eingesetzten Arzneimitteln schon „sehr kräftig zugelangt“ wird.

Aus unternehmerischer Sicht mag das zu verstehen sein, ob sich damit aber eine langfristig ausgerichtete Strategie umsetzen lässt, ist zu bezweifeln. Wenn durch überzogene Preise das System letztendlich in die Pleite getrieben wird, nützt das keinem der Beteiligten, und am wenigsten den Patienten.

Für den Bayer-Chef, der im Jahr 2006 eine Gesamtvergütung von 3,47 Mio Euro erhalten hat (so die „Welt Kompakt“ vom 2. April 2007), wird es keine Frage sein, dass er im Falle einer Erkrankung die beste verfügbare Therapie erhält. Aber was macht der berühmte „Otto Normalverbraucher“?

Pharmafirmen sind zwar keine Sozialeinrichtungen, sie müssen Gewinne machen. Dennoch: Die bestmögliche Versorgung aller Patienten sollte durch eine adäquate Preispolitik langfristig gesichert werden. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Erkenntnis nicht zu spät durchsetzt....

sheinzl@wissenschaftliche-verlagsgesellschaft.de

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