Antibiotika-Resistenz: eine Erfolgsgeschichte?


Heike Oberpichler-Schwenk

Antibiotika gehören zu den großen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts und haben bedeutende Erfolge im Kampf gegen Infektionskrankheiten ermöglicht. Doch die Waffe wird zunehmend stumpf. Antibiotika-Resistenzen verbreiten sich mit zum Teil erschreckender Geschwindigkeit. Methicillin-(Oxacillin-)resistente Staphylococcus-aureus-Stämme (MRSA) wurden seit Mitte der 70er Jahre zunächst als Erreger von nosokomialen Infektionen isoliert. In den 90er Jahren wurden MRSA-Stämme auch in der allgemeinen Bevölkerung gefunden (community-acquired MRSA, caMRSA) und breiteten sich vor allem in den USA rasant aus. Inzwischen sind dort drei Viertel der ambulant erworbenen Staphylococcus-aureus-Infektionen durch MRSA bedingt, wie Dr. Béatrice Grabein, München, bei einem Symposium Anfang Juli erläuterte.

Unter den gramnegativen Erregern ist die „Karriere“ von Carbapenem-resistenten Klebsiella-pneumoniae-Stämmen in Griechenland besonders eindrucksvoll. Die Carbapenem-Resistenz beruht auf einer Metallo-Betalactamase (VIM-1), die erstmals 2001 bei einem Escherichia-coli-Stamm gefunden wurde. 2002 traten in drei Kliniken in Athen erste K.-pneumoniae-Infektionen mit VIM-1 auf, und 2007 waren in griechischen Kliniken bereits 42,4% aller K.-pneumoniae-Isolate Carbapenem-resistent! Bei der europäischen Erhebung von 2007 war das Problem auf Griechenland beschränkt (Deutschland: 1,7%), vermutlich ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis Carbapenem-resistente K.-pneumoniae-Stämme auch in anderen Ländern zunehmen.

Die rasche, erfolgreiche Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen wird durch verschiedene Faktoren ermöglicht, die Bakterien eigen sind: Da ist zum einen die schiere Menge an Mikroorganismen, die mit sich bringt, dass Resistenz-vermittelnde spontane Mutationen – per se seltene Ereignisse – absolut gesehen in relevanter Häufigkeit auftreten. Aufgrund der meist kurzen Generationsdauer kann sich eine solche Resistenz unter günstigen Bedingungen rasch fortpflanzen.

Mutationen werden aber nicht nur an die nachfolgenden Generationen (vertikal) weitergegeben, sondern in relevantem Ausmaß auch durch horizontalen Gentransfer in Form von

l Transduktion: neue DNS-Stücke werden durch Bakterien-spezifische Viren oder Bakteriophagen übertragen

l Transformation: DNS wird aus der Umgebung aufgenommen

l Konjugation: Bakterien treten in direkten Zell-Zell-Kontakt, dabei werden kleine DNS-Stücke übertragen

Diese Mechanismen funktionieren durchaus auch über Speziesgrenzen hinweg, wie an der Carbapenem-Resistenz deutlich wird, die von E. coli auf K. pneumoniae überging und inzwischen auch bei anderen gramnegativen Erregerspezies beobachtet wurde.

Insbesondere in Bezug auf gramnegative multiresistente Erreger sind zurzeit keine neuen antibiotisch wirksamen Substanzen in Sicht – Frau Grabein illustrierte dies mit einer leeren Folie – und auch gegen grampositive Erreger sind die Fortschritte begrenzt. Umso wichtiger sind konsequente Hygienekonzepte und der gut bedachte Einsatz von Antibiotika, um die Ausbreitung von Resistenzen gar nicht erst zu ermöglichen. Das Konzept des rotierenden Antibiotika-Einsatzes („antibiotic cycling“) hat sich dabei nicht als zielführend erwiesen, wie Prof. Wolfgang A. Krüger, Konstanz, ausführte. Erfolgversprechender ist es, die antibiotische Vielfalt zu nutzen. Die verfügbaren Antibiotika sollten selbstverständlich nur bei bestehender Indikation und dann so lange (und hoch dosiert) wie nötig, aber so kurz wie möglich eingesetzt werden, um resistenten Erregern keine „günstigen Bedingungen“ im oben genannten Sinn zu bieten.

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