EditorialHeike Oberpichler-Schwenk

Wie selten ist Tuberkulose?

Pharmakologie aktuell

Entwicklung oraler Therapien für multiple Sklerose

Fingolimod, Cladribin und andere

Seit langem wird an oral verfügbaren Wirkstoffen zur Behandlung der multiplen Sklerose geforscht. Nun sind gleich mehrere Wirkstoffe in klinischer Prüfung. Sie unterscheiden sich in ihrem Wirkungsmechanismus sowohl untereinander als auch von bisherigen Therpeutika. Während der Antimetabolit Cladribin die Bildung von Lymphozyten unterdrückt, greift Fingolimod in die Zirkulation der Lymphozyten ein. Symptome können durch den Kaliumkanal-Blocker Fampridin gelindert werden. Neben diesen werden weitere Wirkstoffe vorgestellt, deren orale Anwendung bei multipler Sklerose zur Zeit untersucht wird; einen Schwerpunkt bilden dabei die Wirkungsmechanismen, zusätzlich werden wichtige Ergebnisse der klinischen Studien zusammengefasst.

FlaggeEnglish abstract

Development of oral therapies for multiple sclerosis – Fingolimod, cladribine and other drugs

Orally disposable drugs for the treatment of multiple sclerosis have been research topics for long-term. Actually there are several drugs in clinical trial. Their mode of action differs among themselves and from established therapeutic agents. While cladribine acts as an antimetabolite and reduces lymphocytopoiesis, fingolimod influences circulation of lymphocytes. Fampridine alleviates symptoms by blocking potassium-channels. These and other drugs which are currently examined for oral administration are presented. The main focus is on the mode of action of these new drugs, in addition important results of clinical trials are summarized.

ÜbersichtJörn P. Sieb, Stralsund

Restless Legs: Aktuelles zu Ursachen und Therapie

In Deutschland leidet etwa 1% der Bevölkerung an einem therapiebedürftigen Restless-Legs-Syndrom (RLS). Inzwischen sind neben Levodopa/Benserazid drei Dopaminagonisten für die Therapie des RLS zugelassen. Hauptproblem der dopaminergen Therapie ist das Auftreten einer Augmentation, das heißt einer anhaltenden Verschlechterung der Symptomatik unter der Therapie, wobei eine Erhöhung der Dosierung zu einer Intensivierung der Symptomatik führt (paradoxe Therapieantwort). Immerhin bei 60% der mit Levodopa behandelten Patienten soll es innerhalb von sechs Monaten zu einer Augmentation kommen. Bei einer Therapie mit Dopaminagonisten wird eine Augmentation seltener beobachtet. Dopaminagonisten werden beim RLS in einer deutlich geringeren Dosierung eingesetzt als in der Behandlung der Parkinson-Krankheit. Trotzdem sind auch in diesem Dosisbereich erhebliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen möglich, beispielsweise Impulskontrollstörungen. Bei einem erheblichen Teil der RLS-Patienten besteht die Notwendigkeit zu einer nichtdopaminergen Therapie, wobei insbesondere Opioide eingesetzt werden.

FlaggeEnglish abstract

Restless legs: Recent advances in basic research and therapy

In Germany approximately one percent of the population suffers from clinically relevant restless legs syndrome (RLS). Three non-ergoline dopamine agonists and levodopa/benserazide are now specifically licensed for RLS in Germany. Augmentation is the main complication of long-term dopaminergic treatment of RLS. Augmentation is defined as a paradoxical worsening of the symptoms during long-term dopaminergic treatment with increasing dose. According to a recent study this occurs in up to 60% of RLS patients during the first 6 months of treatment. Augmentation emerges less frequently during dopamine agonist treatment. The dopamine agonist doses required for the treatment of RLS patients is far below the dose range in Parkinson therapy. However, severe complications of dopamine agonist treatment can occur even in this dose range, like compulsive behaviours. A considerable number of RLS patients needs non-dopaminergic treatment for RLS. Most of them receive opioids as one of the second-line options in RLS therapy.

Key words: Augmentation, dopaminergic treatment, genetics, iron, opioids

Zur DiskussionUwe Gröber, Essen

Selen in der komplementären Onkologie

Eine kritische Stellungnahme zur SELECT-Studie

In Deutschland hat die vorzeitig abgebrochene US-amerikanische SELECT-Studie zur Primärprävention des Prostatakarzinoms für große Verunsicherung bei Ärzten und Apothekern gesorgt. So titulierte das Deutsche Ärzteblatt: „Studie gestoppt: Vitamin E und Selen mit potenziellen Risiken in der Prävention des Prostatakarzinoms“. Auch die pharmazeutische Fachpresse schloss sich an und sprach sogar Warnungen vor selenhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln aus. Es ist manchmal hilfreich, die gesamte Studie und das Studiendesign zu analysieren und nicht nur den Abstract einer Studie zu lesen, bevor man vorschnell Rückschlüsse zieht und die damit verbundenen Fehlinformationen breit streut. Eine etwas weniger emotionale, dafür wissenschaftliche Betrachtung der SELECT-Studie soll im Folgenden vorgestellt werden.

Fragen aus der Praxis

Kontrazeptiva in der Perimenopause: Sichere Verhütung und Therapie klimakterischer Beschwerden?

Welche Verhütungsmethoden bieten in der Perimenopause die nötige Sicherheit in Bezug auf Kontrazeption und andere Risikofaktoren, und wie erreicht man einen schleichenden Übergang zur Hormonersatztherapie? Ist die Weiterführung der Kontrazeption mit einem Levonorgestrel-abgebenden intrauterinen System ratsam?

Referiert & kommentiertMartin Wiehl, Königstein-Falkenstein

Pneumokokken

Verbesserter Impfschutz bei Kindern durch 13-Komponenten-Vakzine

Mit einer erweiterten Vakzine aus 13 Komponenten können jetzt Impflücken gegen invasive Pneumokokken-Infektionen bei Kindern geschlossen werden. Gegenüber dem herkömmlichen 7-valenten Impfstoff Prevenar® deckt Prevenar13® sechs weitere Serotypen ab und erhöht damit den Impfschutz gegen invasive Erkrankungen von 60 bis 80% auf über 90%. Ein Wechsel auf die erweiterte Vakzine ist zu jedem Zeitpunkt des Impfschemas möglich.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Humane Papillomaviren

Neue Daten zur Wirkungsdauer der HPV-16/18-Impfung

Der Impfstoff Cervarix® richtet sich gegen humane Papillomaviren vom Typ 16 und 18, die für etwa 70% aller Zervixkarzinome verantwortlich sind. Studienergebnisse belegen nun eine anhaltende Wirksamkeit und Immunogenität von mindestens sechs Jahren sowie ein günstiges Sicherheitsprofil. Es wird vermutet, dass der Impfschutz noch wesentlich länger anhält.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Akute Rückenschmerzen

Wirksamkeit und Sicherheit von Beinwell-Extrakt

Eine Salbe mit Beinwellwurzel-Extrakt, die bisher zugelassen ist zur Behandlung von Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen, kann akute Schmerzen im oberen und unteren Rückenbereich bei sehr guter Verträglichkeit schnell und wirksam lindern, wie eine Plazebo-kontrollierte Doppelblindstudie zeigte.

Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Prävention vaskulärer Erkrankungen

Ist die Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure sinnvoll?

Der Einsatz von Acetylsalicylsäure in der Primärprävention wird in der Literatur diskutiert: die Wirkung ist marginal bei gleichzeitig erhöhtem Risiko für Blutungskomplikationen. Trotzdem wird es von verschiedenen Fachgesellschaften empfohlen. In der Sekundärprävention dagegen überwiegt der therapeutische Nutzen in der Reduktion von Herzinfarkt und Schlaganfall das Blutungsrisiko.

Referiert & kommentiertDr. Birgit Schindler, Freiburg

Nebenwirkungen bei älteren Menschen

Sturzrisiko unter häufig eingesetzten Arzneistoffklassen

Für die Einnahme von Sedativa, Antidepressiva, Neuroleptika und Benzodiazepinen wurde in einer Metaanalyse bei über 60-Jährigen ein signifikanter Zusammenhang zwischen Stürzen und der Einnahme gefunden. Das höchste Sturzrisiko hatten dabei Patienten, die Antidepressiva einnahmen. Für fünf weitere analysierte Medikamentenklassen gab es entweder keinen signifikanten Zusammenhang (Narkotika, Betablocker) oder die Ergebnisse waren nicht einheitlich, so dass allenfalls von einem minimal erhöhten Sturzrisiko ausgegangen werden kann (Antihypertensiva, Diuretika, nichtsteroidale Antirheumatika).

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Mantelzell-Lymphom

Temsirolimus bei seltenem Tumor wirksam

Das Mantelzell-Lymphom ist ein seltenes, aber aggressives Non-Hodgkin-Lymphom, das schwierig zu behandeln ist. Seit August 2009 steht mit dem mTOR-Hemmer Temsirolimus eine neues Therapieprinzip zur Verfügung, das vor allem bei bislang als austherapiert geltenden Patienten noch Wirkungen zeigte.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Onkologie

Neue Therapieoptionen bei nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom auf dem Prüfstand

Eine Erhaltungstherapie mit dem Antimetaboliten Pemetrexed war in einer randomisierten Doppelblindstudie bei Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom gut verträglich und verbesserte im Vergleich zu Plazebo das progressionsfreie und das Gesamtüberleben.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Lungenkarzinom

Aktive Immunisierung als neue Therapiestrategie

Für die Behandlung des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) sind verschiedene aktive Immunisierungsverfahren in der klinischen Entwicklung.