Gastroenterologische Perspektiven


Heike Oberpichler-Schwenk

Eine Situation, die Ihnen in der täglichen Beratungspraxis sicher häufiger begegnet: Ein Patient bemerkt sichtbares Blut auf dem Stuhl. Kommen dann womöglich noch Schmerzen beim Stuhlgang hinzu, ist schnell die Selbstdiagnose „Hämorrhoiden“ gestellt. Warum in dieser Situation nicht kritiklos eine Hämorrhoidensalbe abgegeben werden sollte und welche anderen, teils schwerwiegenden Ursachen dem blutigen Stuhl zugrunde liegen können, macht unser Titelbeitrag deutlich.

Zur Veranschaulichung der möglichen pathologischen Veränderungen enthält der Beitrag zahlreiche endoskopische Bilder. Die Medizintechnik und die optische Industrie haben hier eindrucksvolle technische Möglichkeiten geschaffen. Bei Auflösungen unter 1 mm können mit dem Endoskop selbst feinste anatomische Strukturen beurteilt werden. Die Endoskopie ist dabei durchaus mehr als „Fernsehen aus dem Darm“. Sie bietet auch zahlreiche therapeutische Möglichkeiten, wie Prof. Dr. Hans Seifert, Oldenburg, bei der Auftakt-Pressekonferenz des Kongresses Viszeralmedizin 2010 in Stuttgart feststellte. Therapie der Wahl gegenüber der invasiveren Viszeralchirurgie ist die interventionelle Endoskopie zum Beispiel bei Speiseröhrenkrebs oder bei Krebs-Frühformen in Dünn- und Dickdarm. Doch auch jenseits der Magen- oder Darmwand gibt es Einsatzmöglichkeiten. Nach Anlage eines Fensters in der Magenhinterwand können zum Beispiel die Bauchspeicheldrüse, die Milz oder Bereiche der Leber gut mit dem Endoskop erreicht werden. Für die Therapie schwerer Bauchspeicheldrüsenentzündungen und zur Entfernung der Gallenblase werden interventionelle endoskopische Verfahren sogar schon häufiger angewendet, größtenteils befinden sie sich aber noch in der technischen Erprobung.

Ein ebenfalls neues, noch weitgehend experimentelles Verfahren ist die „metabolische Operation“, die Prof. Dr. Markus Büchler, Heidelberg, vorstellte. Die operative Verkleinerung des Magens oder der Magenbypass sind bekannte Verfahren zur Behandlung extrem übergewichtiger Patienten (Adipositaschirurgie). Beobachtet wurde, dass ein bei den Patienten häufig vorherrschender Typ-2-Diabetes infolge des Eingriffs binnen kurzer Frist stark verbessert oder sogar geheilt wurde. Dieser Effekt wurde inzwischen auch an normalgewichtigen Diabetikern gezeigt. Auf welchen Mechanismen diese Wirkung des Eingriffs beruht, wird noch untersucht. Von einer breiten praktischen Anwendung zur Behandlung des Typ-2-Diabetes ist das Verfahren jedenfalls noch weit entfernt, wie Büchler betonte.

Bei der Behandlung gastrointestinaler Krebserkrankungen werden stadiengerecht operative (auch minimalinvasive) Verfahren, Chemotherapie und Bestrahlung benötigt. Es geht nicht um die Entscheidung OP oder Chemotherapie, wie Prof. Dr. Stefan Post, Mannheim, betonte. Vielmehr könnten sich beide Therapieansätze gegenseitig befruchten. So können Lebermetastasen bei Darmkrebs durch eine adjuvante Chemotherapie zunächst verkleinert werden, um sie dann schonender für den Patienten radikal operieren zu können.

Die Chemotherapie kann zunehmend als „personalisierte“ (auch „individualisierte“ oder „stratifizierte“) Therapie durchgeführt werden. Als Beispiel nannte Prof. Dr. Guido Adler, Ulm, die Behandlung des Kolorektalkarzinoms mit EGFR-Antikörpern in Abhängigkeit vom K-Ras-Status. Allerdings dürfe man nicht erwarten, dass in 10 Jahren alle Tumorpatienten stratifiziert behandelt werden können.

Ein bedeutender Fortschritt in der Krebstherapie war für die Referenten überraschenderweise die Etablierung interdisziplinärer Strukturen wie der regelmäßigen fachübergreifenden Besprechung von Krebspatienten – offenbar lange keine Selbstverständlichkeit, wie man als Laie angenommen hätte.

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