Problem Pharmakoresistenz


Heike Oberpichler-Schwenk

1. Kwan P, et al. Definition der pharmakoresistenten Epilepsie: Konsensusvorschlag der ad hoc-Task Force der ILAE-Kommission für Therapeutische Strategien. Akt Neurol 2010;37:372–81 (autorisierte Übersetzung aus Epilepsia 2010;51:1069–77; Erratum in Epilepsia 2010;51:1922).

Arzneimittel werden verordnet, um eine Krankheit oder krankhafte Beschwerde zu heilen oder zu lindern (die weiteren Definitionen des Arzneimittelgesetzes seien hier beiseite gelassen). Doch bekanntlich kommt es vor, dass Patienten auf das verordnete Arzneimittel schlecht oder gar nicht ansprechen. Die Gründe dafür sind vielfältig und bei weitem nicht immer in der unzuverlässigen Einnahme (Non-Compliance) zu suchen: Möglicherweise ist schon die Indikation falsch gestellt; bei Antiinfektiva kann der Zielerreger resistent sein; der Arzneistoff kann aufgrund individueller Besonderheiten oder infolge von Arzneimittelinteraktionen schlecht resorbiert oder (häufiger) beschleunigt eliminiert werden; unerwünschte Wirkungen können eine ausreichend hohe Dosierung verhindern – um nur einige Beispiele zu nennen.

Wie lange man nach Therapiebeginn abwartet, um festzustellen, ob ein Arzneimittel zufriedenstellend wirkt oder nicht, hängt naturgemäß von der Indikation ab. So lässt sich die Wirkung eines Antihypertensivums schon nach wenigen Tagen objektivieren, und es gibt anerkannte Schwellenwerte, die mit der Therapie erreicht werden sollen. Weit schwieriger ist die Beurteilung bei Erkrankungen mit schubförmigem oder fluktuierendem Verlauf und seltenen krankheitsdefinierenden Ereignissen wie bei multipler Sklerose oder in vielen Fällen Epilepsie. Bei Letzterer vergehen nach Beginn oder Änderung der medikamentösen Therapie unter Umständen mehrere Monate, bis ein erneuter Anfall zeigt, dass das Arzneimittel doch nicht die Erwartungen an das Therapieziel „Anfallsfreiheit“ erfüllt hat.

Die Therapie kann dann durch Wechsel des Antiepileptikums oder Kombination mit einem weiteren angepasst werden. Auf diese Weise wird bei vielen Patienten Anfallsfreiheit erreicht. Bei etwa einem Drittel treten aber weiterhin Anfälle auf. Man spricht dann von pharmakoresistenter Epilepsie. Diese Patienten sollten an spezialisierten Zentren weiterbehandelt werden.

Der Begriff „pharmakoresistente Epilepsie“ wird allerdings uneinheitlich verwendet. Das erschwert die Vergleichbarkeit von Studienergebnissen und Therapieempfehlungen. Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) hat deshalb unlängst eine Definition vorgeschlagen. Als pharmakoresistent gilt eine Epilepsie nach „Versagen von adäquaten Behandlungsversuchen mit zwei vertragenen, geeigneten und angemessenen Antiepileptika (sei es als Mono- oder Kombinationstherapie) zur Erzielung einer lang anhaltenden Anfallsfreiheit“ [1]. Wichtig ist, dass mehr als zwei Therapieversuche nötig sein können, bevor eine Pharmakoresistenz festgestellt wird. So zählt es beispielsweise nicht als adäquater Therapieversuch, wenn ein Antiepileptikum wegen Unverträglichkeit abgesetzt werden muss oder nicht ausreichend hoch dosiert werden kann. Außerdem muss das Antiepileptikum für den vorliegenden Anfallstyp geeignet sein. Mit der Definition der Pharmakoresistenz verbunden ist die Definition von Kriterien für das Ansprechen auf die Therapie („Pharmakoresponsivität“). Dies kann demnach erst festgestellt werden, wenn der Patient über eine ausreichend lange Beobachtungszeit anfallsfrei war, und zwar mindestens für den dreifachen Zeitraum des längsten Anfallsintervalls vor der aktuellen Behandlung (in den letzten 12 Monaten) oder während der letzten 12 Monate, wobei der längere Zeitraum zählt. Betrug zum Beispiel das letzte Anfallsintervall vor Beginn der aktuellen Therapie 8 Monate, so gilt der Patient nach 24 Monaten ohne erneuten Anfall als anfallsfrei, vorher als „undefiniert“. Ob die breite Anwendung der ILAE-Kriterien den Anteil der als pharmakoresistent geltenden Patienten verändert, wird sich erst noch zeigen müssen.

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