Prävention in Theorie und Praxis


Birgit Hecht

Literatur

Danaei G, Finucane MM, et al. Lancet 2011;378:31–40.

Mozaffarian D, et al. N Engl J Med 2011;364:2392–404.

In dieser Ausgabe der MMP gibt es zwei große Themenblöcke: Diabetes mellitus und Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern. Diese Erkrankungen werden uns in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen, denn sowohl die Prävalenz des Diabetes mellitus als auch die des Vorhofflimmerns steigt. Das hat nicht nur gravierende Folgen für die Betroffenen, sondern auch für das Gesundheitssystem. Ein Diabetes mellitus kann beispielsweise eine diabetische Nephropathie nach sich ziehen, die eine Dialyse erforderlich macht. Damit es erst gar nicht so weit kommt, sollte bestenfalls bereits der Entstehung eines Diabetes mellitus vorgebeugt werden. Doch wie kann eine solche Primärprävention aussehen?

Um herauszufinden, wodurch ein Diabetes mellitus begünstigt wird, analysierte ein internationales Forscherteam um Goodarz Danaei und Mariel Finucane die Prävalenz des Diabetes mellitus und die durchschnittlichen Nüchternblutglucosewerte der Bevölkerung in mehr als 100 Ländern der Erde. Für diese Arbeit benutzten sie Daten aus den Jahren 1980 bis 2008. Die Autoren schätzen, dass sich die Zahl der Diabetiker in diesen 28 Jahren mehr als verdoppelt hat: während den Daten zufolge 1980 weltweit etwa 150 Millionen Menschen an Diabetes mellitus erkrankt waren, dürfte es 2008 rund 350 Millionen Diabetiker weltweit gegeben haben. Von den fast 200 Millionen zusätzlichen Diabetes-Fällen können etwa 70% auf das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Alterung der Gesellschaften zurückgeführt werden, für die übrigen 30% sind andere, altersunabhängige Faktoren verantwortlich. Die Forscher fanden heraus, dass die Entwicklung der Nüchternblutglucosewerte in den verschiedenen Gegenden der Erde eng mit den regionalen Veränderungen des Body-Mass-Index der Bevölkerung korrelierte. Daneben scheinen genetische Faktoren (ethnische Zugehörigkeit), die Ernährung in der frühen Kindheit, die Auswahl der Lebensmittel und körperliche Bewegung einen Einfluss auf den Glucosehaushalt zu haben. Die Autoren empfehlen daher für eine Diabetes-Primärprävention eine Gewichtskontrolle, körperliche Bewegung und geeignete Lebensmittel.

Wie aber kann man beispielsweise eine Gewichtszunahme verhindern? Dieser Frage gingen Dariush Mozaffarian und Kollegen nach. Sie untersuchten den Einfluss verschiedener Faktoren auf die langfristige Gewichtsentwicklung (über bis zu 20 Jahre) bei mehr als 120000 normalgewichtigen US-Bürgern. Sie fanden heraus, dass eine Ernährung mit Kartoffelchips, Kartoffeln, Fleisch, Weißmehlprodukten, Desserts und Süßigkeiten stark mit einer Gewichtszunahme assoziiert war, während eine Ernährung mit Gemüse, Nüssen, Obst, Joghurt und Vollkornprodukten mit einer geringeren Gewichtszunahme einherging. Bei den Getränken waren mit Zucker gesüßte Getränke mit einer stärkeren Gewichtszunahme assoziiert als Fruchtsäfte, noch besser war Milch. Körperliche Bewegung hatte einen günstigen Einfluss auf das Körpergewicht, während Fernsehen mit einer Gewichtszunahme assoziiert war. Der Zusammenhang zwischen der nächtlichen Schlafdauer und dem Gewicht war U-förmig: am besten scheint demnach eine Schlafdauer von sechs bis acht Stunden pro Tag zu sein.

Sicher wird der eine oder andere jetzt kritisieren, dass der Einfluss dieser Faktoren auf das Gewicht und die Gesundheit schon seit Langem bekannt ist. Aber ist das nicht genau genommen ein gutes Zeichen? Es bedeutet doch, dass das Wissen über die Möglichkeiten einer Prävention inzwischen bei vielen Menschen in den Köpfen angekommen ist. Der Präventionsgedanke braucht also nur noch in die Praxis umgesetzt zu werden. Und dass das bei uns bereits geschieht, wird in der Studie von Danaei et al. deutlich: nach deren Ergebnissen stieg die Diabetes-Prävalenz in Europa deutlich weniger als in anderen Gegenden der Erde. In diesem Fall kann man also ruhig auch einmal motivierend sagen: „Bravo, weiter so!“

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