Tanja Saußele, Stuttgart

Veröffentlichte Studien, aber auch nicht veröffentlichte Studien dienen als Grundlage der Behörden für die Entscheidung über eine Zulassung. Für Ärzte und Apotheker bleibt nur die Möglichkeit, auf publizierte Daten zurückzugreifen, um die Wirksamkeit und Sicherheit eines Arzneimittels zu beurteilen. In der EU werden die Stellungnahmen der EMA (European Medicines Agency), in Form des EPAR (European public assessment report), auch bei einer Ablehnung veröffentlicht. Anders in den USA: Dort gelten die negativen Stellungnahmen der FDA (Food and Drug Administation) als vertraulich.

Mitarbeiter der FDA konnten in einer Auswertung zeigen, dass negative wissenschaftliche Ergebnisse nicht in genügendem Umfang an die Öffentlichkeit kommuniziert werden [4, 5]. Insgesamt wurden 61 Stellungnahmen der FDA aus den Jahren 2008 bis 2013, in denen eine Zulassung abgelehnt wurde, daraufhin analysiert, ob deren Inhalte in Form von Pressemitteilungen der entsprechenden pharmazeutischen Unternehmen veröffentlicht worden sind. 85% der behördlichen Bedenken über die Sicherheit und 84% der Bedenken zur Wirksamkeit wurden nicht veröffentlicht. In sämtlichen Pressemitteilungen wurden nur 14% der Aussagen der FDA aufgenommen. Bei 21% der Pressemitteilungen gab es keine Übereinstimmung mit der FDA-Stellungnahme. In sechs von sieben Fällen blieben sogar erhöhte Mortalitätsraten, die der Grund für die Nichtzulassung waren, unerwähnt.

Mit der verpflichtenden Veröffentlichung in einem öffentlichen Studienregister wird dem Problem, zumindest in der EU, versucht, zu begegnen. Das EU Clinical Trials Register beinhaltet Informationen zu klinischen Studien, die nach dem 1. Mai 2004 in der Europäischen Union (EU) oder im Europäischen Wirtschaftsraum durchgeführt wurden [2]. In der Datenbank EudraCT (European clinical trials database) der EMA werden die Ergebnisse der klinischen Studien zusammengefasst und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dieser Forderung scheinen dennoch nicht alle Sponsoren klinischer Studien nachzukommen. Das Deutsche Netzwerk für Evidenzbasierte Medizin (EbM) wünscht in einem offenen Brief an die Bundesminister für Gesundheit, Bildung und Forschung und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, dass der Stellungnahme der WHO (World Health Organization) über die Offenlegung klinischer Studien nachgekommen wird [3]. Darin wird u.a. gefordert, dass Studien bereits vor Beginn in öffentlich zugänglichen Studienregistern erfasst und die Hauptergebnisse innerhalb von einem Jahr nach Studienabschluss in einer Zeitschrift mit externer Begutachtung eingereicht werden. Idealerweise solle diese Zeitschrift für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Die Registrierung klinischer Studien sollte Voraussetzung für den Erhalt von Fördergeldern sein; bei Nichteinhalten würde dann eine entsprechende Sperrung erfolgen [3].

Auf die Problematik fehlender Publikationen und die Gründe hierfür geht Dr. Iris Hinneburg in unserer Rubrik Fortbildung Wissensbasierung in ihrem Artikel „Aktuelle Aspekte der evidenzbasierten Medizin“ auf den Seiten 276ff. ein.

Den Eindruck komplett publizierter Daten vermitteln hingegen die Studien zu den neuen PCSK9-Inhibitoren, die im Rahmen umfangreicher Studienprogramme untersucht wurden. Diese zahlreichen Phase-III-Studien, die Sie allesamt im EU Clinical Trials Register finden und deren Ergebnisse hochrangig publiziert sind, befassen sich jeweils mit etwas unterschiedlichen Indikationen und Patientenkollektiven und wurden zusätzlich in Form zahlreicher Pressemitteilungen an die Öffentlichkeit kommuniziert. Diese Vorgehensweise ist vermutlich Teil einer komplexen Marketingstrategie [1]. Eine ausführliche Übersicht über den Wirkungsmechanismus der PCSK9-Inhibitoren und die Ergebnisse (publizierter) klinischer Studien finden Sie auf den Seiten 250ff. in diesem Heft. Ob und in welchem Umfang Studien zu unerwünschten Auswirkungen einer sehr starken LDL-Cholesterolsenkung in der Öffentlichkeit kommuniziert werden, bleibt abzuwarten.

Literatur

Liebe Leserin, lieber Leser, dieser Artikel ist nur für Abonnenten der MMP zugänglich.

Sie haben noch keine Zugangsdaten, sind aber MMP-Abonnent?

Registrieren Sie sich jetzt:
Nach erfolgreicher Registrierung können Sie sich mit Ihrer E-Mail Adresse und Ihrem gewählten Passwort anmelden.

Jetzt registrieren