Andreas H. Jacobs, Bonn

Mit zunehmendem Lebensalter nehmen Mobilität und Kognition ab. Neben dem Schlaganfall spielen die neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz und Parkinson-Syndrome die führende Rolle bei der Entwicklung motorischer und kognitiver Einschränkungen im Alter. Somit sind zerebrovaskuläre und neurodegenerative Erkrankungen führend in der Gefährdung der funktionellen Eigenständigkeit und Lebensqualität bis hin zur Pflegebedürftigkeit.

Die Demenz ist definiert als eine erworbene Beeinträchtigung kognitiver Funktionen (Orientierung, Auffassung, Lernfähigkeit, Gedächtnis, Sprache, Rechnen, Urteilsvermögen im Sinne der Fähigkeit zur Entscheidung), die bei mehr als sechs Monaten Dauer zur Beeinträchtigung der Alltagsfunktionen (ADL) führt. Weltweit wird sich die Zahl kognitiv eingeschränkter Menschen bis zum Jahre 2050 von aktuell 46,8 Millionen auf dann 131,5 Millionen fast verdreifachen. Pathophysiologisch spielt ein cholinerges Defizit eine zentrale Rolle. Schwierig wird die Betreuung durch das Auftreten von psychischen und Verhaltensauffälligkeiten (Angst, Depression, Agitation, Aggressivität).

In der Diagnostik spielen die neuropsychologische Testung, eine breite Labordiagnostik und Bildgebungstechniken einschließlich der Verfahren der molekularen Bildgebung eine entscheidende Rolle. Damit sollen eine neurodegenerative und eine vaskuläre Genese (etwa 90 %) abgegrenzt werden von einer symptomatischen Form der Demenz (etwa 10 %; entzündlich, metabolisch, neuroendokrin, Medikamenten-/Toxin-induziert, Vitaminmangel, Tumor, Normaldruckhydrozephalus).

Therapeutisch wurden für die Alzheimer-Demenz mit cholinergem Defizit Acetylcholinesterasehemmer entwickelt. Ziel ist eine Verbesserung der ADL, der Kognition, der psychopathologischen Symptome und der Lebensqualität. Mikroglia-Modulatoren oder Impfstrategien gegen Beta-Amyloid, die in den pathophysiologischen Teufelskreis der entzündlichen Zerstörung von Neuronen eingreifen, sind bisher experimentell. Bei vaskulärer Genese spielt die Einstellung der zerebrovaskulären Risikofaktoren, allen voran der arteriellen Hypertonie eine entscheidende Rolle. Bei symptomatischen Demenz-Formen steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.

Neben dem Versuch der medikamentösen Modulation der Kognition über die Beeinflussung des cholinergen Defizits, des serotonergen Systems oder auch antipsychotischer Wirkungsmechanismen spielen in der Versorgung von Menschen mit Demenz psychosoziale Interventionen eine entscheidende Rolle. Dazu gehören kognitive und körperliche Stimulation, ADL-Training, autobiographische Arbeit, multisensorische Verfahren sowie angehörigenbezogene Interventionen.

Insgesamt ist das Management von Menschen mit kognitiven Einschränkungen komplex. Die multimodalen Therapieaspekte und der chronisch-progrediente Verlauf setzen eine gute und vertrauensvolle Patienten-Arzt-Beziehung voraus. Konsultation von Spezialabteilungen sollten regelmäßig in Anspruch genommen werden, um alle Aspekte der Behandlung ausreichend zu berücksichtigen.

Die Beiträge in dieser Ausgabe der Medizinischen Monatsschrift für Pharmazeuten (MMP) geben einen aktuellen Überblick über Pathophysiologie, erforderliche Diagnostik und individualisierte Therapie der Demenzen. Dabei hat die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Zusammenarbeit mit verschiedenen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Organisationen die S3-Leitlinie Demenzen aktualisiert und zum 25.01.2016 online auf www.dgn.org zugänglich gemacht.

Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre dieser MMP-Ausgabe und gegebenenfalls ergänzend der S3-Leitlinie Demenzen der DGN.

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