Diabetes mellitus – ein Krankheitsbild mit vielen Facetten


Prof. Dr. Ingo Rustenbeck, Braunschweig

Foto: Christoph Coers/MMP

Viele Artikel zum Thema Diabetes beginnen derzeit mit der Schilderung, dass sich eine förmliche Diabetes-Epidemie in der Menschheit ausbreite. Schätzungen von hunderten Millionen an Betroffenen und von Milliarden Euro an Kosten für das Gesundheitssystem werden präsentiert. Tatsächlich gibt es weltweit einen erstaunlichen Zuwachs der Diabetesprävalenz. Sie betrifft ganz wesentlich den Typ-2-Diabetes, einst „Altersdiabetes“ genannt, wenngleich auch der Typ-1-Diabetes, ehemals der „jugendliche Diabetes“, eine langfristige Zunahme verzeichnet.

Die betonte Darstellung des Bedrohungsszenarios hat nicht nur mit dem wissenschaftsüblichen Wettbewerb um politisch vergebene Fördergelder zu tun, es ist wohl auch eine Reaktion darauf, dass der Typ-2-Diabetes im Gegensatz zum Typ 1 lange Zeit nicht als bedrohliche Erkrankung empfunden wurde. Für das subjektive Erleben der Betroffenen spielt hier sicher der schleichende Beginn des Typ-2-Diabetes eine Rolle, wohingegen der vergleichsweise akute Beginn des Typ 1 noch immer eine deutliche Zäsur im Lebenslauf bedeutet.

Diese Unterschiede im Erscheinungsbild der Diabetestypen werden im Artikel Basiswissen des folgenden Schwerpunkts „Medizin meets Pharmazie: Diabetes mellitus“ herausgearbeitet. Aktuell interessant ist der Versuch, über das „Clustering“ von Merkmalen zu einer neuen Einteilung zu gelangen, die zu einer präziseren Therapie führen soll. Wie aber im Artikel über die Pharmakotherapie dargestellt, haben auch schon einfache Merkmale, die jedem Hausarzt zugänglich sind, z. B. Alter bei Diagnosestellung, eine erhebliche prognostische Aussagekraft.

Dass die Diagnose eines Typ-2-Diabetes sehr viel weniger belastend ist als eine Tumordiagnose, mag auf den ersten Blick selbstverständlich erscheinen, jedoch beeinträchtigen die sich im Laufe der Jahre akkumulierenden Gefäßschäden die Lebensqualität ganz erheblich. Während die Reduktion der Lebenserwartung am stärksten von der Makroangiopathie abhängt, ruiniert die Mikroangiopathie in den Erscheinungsformen Neuropathie, Nephropathie und Retinopathie die Lebensqualität durch Amputationen, Dialysepflicht und Erblindung. Der besonderen Bedeutung der Gefäßschäden halber wird der Artikel zum Basiswissen durch einen Artikel zur Diagnose und Therapie der diabetischen Retinopathie ergänzt.

Nachdem die Ergebnisse der UKPDS-Studie Ende der neunziger Jahre zunächst für therapeutischen Optimismus gesorgt hatten, waren die Übersterblichkeit der intensiv behandelten Patienten in der ACCORD-Studie und die erhöhte Rate an kardiovaskulären Ereignissen unter Rosiglitazon deutliche Signale, dass sich der therapeutische Erfolg nicht an einfachen Surrogatparametern ablesen oder aus dem Wirkprinzip vorhersagen lässt. Die Ergebnisse der seitdem obligaten Sicherheitsstudien lassen nunmehr die Wirksamkeit der einzelnen Substanzen hinsichtlich der Gefäßschäden und der damit verbundenen Morbidität und Mortalität erkennen. Ende 2018 haben deshalb die amerikanische und die europäische Diabetesgesellschaft eine gemeinsame Empfehlung veröffentlicht, die diese Ergebnisse berücksichtigt. Neben der Darstellung der Insulintherapie bildet diese Empfehlung den Kern des Artikels zur Therapie.

Die zunächst nur geringe Einschränkung durch die Diagnose des Typ-2-Diabetes ist wahrscheinlich die Ursache, dass die Adhärenz der Patienten auffallend gering ist. Insofern ist diesem Problembereich ein eigener Artikel gewidmet. Verbesserung der Adhärenz ist eine zentrale Aufgabe für die pharmazeutische Betreuung. In der Diabetestherapie hat das zur Gründung der Kommission „Apotheker in der Diabetologie“ gemeinsam durch die Deutsche Diabetes Gesellschaft und die Bundesapothekerkammer geführt. Ein konkretes Beispiel, wie pharmazeutische Betreuung durch Medikationsanalyse die Wirksamkeit und Sicherheit der Pharmakotherapie des multimorbiden Patienten mit Typ-2-Diabetes verbessern kann, ist im abschließenden Fallbericht dargestellt.

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