Nicht verunsichern, sondern beraten!


Dr. Tanja Saußele, Stuttgart

Foto: Ferdinando Iannone

Schwangere Patientinnen gehören zu einer besonderen Patientengruppe. Häufig wollen die Patientinnen trotz behandlungsbedürftiger Erkrankung auf eine Arzneimitteltherapie verzichten oder diese abbrechen, aus Angst, ihrem Kind zu schaden.

Selbstverständlich müssen Arzneimitteltherapien in der Schwangerschaft aufgrund des Fehlbildungsrisikos sorgfältig überdacht werden. Das stellt sowohl den Arzt als auch den Apotheker vor besondere Herausforderungen.

Meist finden sich in der Fachinformation Aussagen wie: „Es liegen keine hinreichenden Daten/Erfahrungen zur Anwendung von Präparat X bei Schwangeren vor“ oder „Präparat X sollte in der Schwangerschaft nur nach strenger Indikationsstellung eingesetzt werden“. Diese Informationen werden durch haftungsrechtliche Erwägungen bestimmt.

Weiterhelfen können hier entsprechende Fachliteratur, das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie (www.embryotox.de) der Charité-Universitätsmedizin Berlin oder die Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie (www.reprotox.de) der Frauenklinik des Universitätsklinikums Ulm.

Die medikamentöse Behandlung von Schwangeren ist meist ein Off-Label-Use. Bei therapiebedingten Schäden würde nicht der Hersteller oder Zulassungsinhaber, sondern der Arzt haften. Deshalb ist eine minutiöse Aufklärung und Dokumentation notwendig.

Eine nicht- oder unterbehandelte Erkrankung stellt jedoch per se ein Risiko für Komplikationen während des Schwangerschaftsverlaufs dar – sowohl für die Mutter als auch für das Kind. Zum Beispiel geht eine Schwangerschaftscholestase, die mit einer Häufigkeit von 20 bis 40 % auftritt, nicht nur mit erheblichem Juckreiz und erhöhten Leberwerten bei der Mutter, sondern auch mit einem erhöhten Risiko für Frühgeburtlichkeit (20 %), perinatale Mortalität (bis zu 10 %) und intrauterinen Fruchttod (bis zu 2 %) einher [1].

Ursodeoxycholsäure ist für die Behandlung der Schwangerschaftscholestase die medikamentöse Therapie der Wahl. Sie vermindert nachweislich den Pruritus bei der Mutter (Juckreiz) und senkt die Gallensäuren sowie die Rate der Schwangerschaftskomplikationen [1]. Bei dieser Therapie handelt es sich jedoch um eine Off-Label-Anwendung.

In dieser Ausgabe der MMP können Sie übrigens lesen, welche Ursachen ein chronischer Pruritus haben kann und welche Therapieoptionen (bei Nichtschwangeren) zur Verfügung stehen.

Die Einnahme von Arzneimitteln während der Schwangerschaft und auch maternale Vorerkrankungen (z. B. Hypertonie, Adipositas, Diabetes mellitus, Autoimmunerkrankungen) sind Indikationen für eine Überweisung zu einem Spezialisten für Pränataldiagnostik. Im Beitrag ab Seite 425 erfahren Sie alles über die derzeitigen Möglichkeiten des Screenings und der Diagnostik angeborener Erkrankungen und Entwicklungsstörungen. Die Autoren, Dr. Elke Bäz und Prof. Dr. Ingolf Juhasz-Böss, weisen auch noch einmal darauf hin, dass ein Verzicht auf eine medikamentöse Therapie während der Schwangerschaft aus reiner Vorsicht – beispielsweise bei Patientinnen mit Epilepsie, Asthma oder Depression – schwere Folgen für die Gesundheit von Mutter und Kind haben kann. Deshalb ist entsprechende Aufklärung – ohne die Patientinnen zu verunsichern – essentiell. Das betrifft auch uns Apotheker!

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