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Asthma-Epidemien bei Gewitter


Saskia Fechte, Stuttgart

Starker Pollenflug plus Unwetter ergeben eine für Allergiker gefährliche Mischung. Foto: JSirlin/stock.adobe.com

Sommergewitter an Tagen mit hoher Pollenflugdichte können für Allergiker zu einer Extrembelastung werden. Innerhalb der letzten vier Jahrzehnte wurden weltweit 26 auffällige Zusammenhänge von regionalen Gewittern und gehäuften schweren Asthmaanfällen in der Bevölkerung dokumentiert.

Ein gut untersuchtes Beispiel lieferte ein schweres Unwetter in Melbourne im November 2016. Kaum tobten Blitze, Donner und starke Böen über der australischen Stadt, standen die Telefone der Rettungsdienste nicht mehr still. Kliniken verzeichneten eine Vielzahl von Patienten in der Notaufnahme aufgrund von Atembeschwerden. Insgesamt benötigten rund 10 000 Personen eine Behandlung wegen akuter Asthmaanfälle. Von Gewitterasthma sind längst nicht allein Asthmatiker betroffen. Vielmehr waren Personen mit bekannter allergischer Rhinitis – mit dem Hauptallergen Weidelgras oder Ausdauernder Lolch – unter den betroffenen Patienten.

Hohe Konzentrationen von Aeroallergenen in den ersten 30 Minuten nach einem Gewitter scheinen der Auslöser solcher außergewöhnlichen epidemischen Ereignisse zu sein. Die massive Belastung entsteht im Vorfeld eines Gewitters, wenn gewaltige Allergenmengen zusammengetragen und durch starke Fallwinde in Bodennähe gebracht werden. Starker Regen zerlegt die Allergene zusätzlich in kleinere Partikel, die tief in die Bronchien eindringen. Die Belastung steigt zusätzlich durch andere Reizfaktoren wie Feinstaub, Bakterien oder Schimmelsporen, die sich bei Gewitter ebenfalls in der Luft konzentrieren. Erhöhte Werte von eosinophilen Granylozyten bei Gewitterasthma-Patienten weisen auf unkontrollierte Entzündungsprozesse in den Atemwegen bis zur Exazerbation hin.

Experten befürchten im Rahmen des Klimawandels eine zukünftige Häufung solcher Ereignisse. In Australien, wo sich die meisten Gewitterasthma-Situationen ereigneten, versuchen Frühwarnsysteme vorherzusagen, wann mit hoher Pollenbelastung in Kombination mit Gewittern zu rechnen ist. Für Heuschnupfenpatienten, die hochsensibel gegenüber Gräserpollen reagieren, kommt der Behandlung ihrer Allergie mittels inhalativer oder oraler Glucocorticoide in Verbindung mit einem Beta-2-Bronchodilatator vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung zu. Mögliche Präventionsmaßnahmen bestehen darin, sich bei Risikowetterlagen in geschlossenen Räumen aufzuhalten bzw. im Freien Atemschutzmasken zu verwenden. Langfristig besteht die Option einer Allergen-Immuntherapie.

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