Respektvolle Begegnungen


Saskia Fechte, Stuttgart

Foto: Ferdinando Iannone

Eine optimale Gesundheitsversorgung für alle Mitglieder der Gesellschaft zu erreichen, scheint in einem vergleichsweise reichen Land wie Deutschland machbar. Die Realität sieht jedoch anders aus, insbesondere für bestimmte Patientengruppen. Der 2. Diversity in Health Congress 23 widmete sich den Fragen, an welchen Stellen mehr Gleichbehandlung nötig wäre beziehungsweise wo es wiederum sinnvoll wäre, individuellere Ansätze zu verfolgen. Einer oft übergangenen Klientel widmete sich Dr. med. Verena Szczerba aus der Klinik für Inklusive Medizin am Evangelischen Krankenhaus Hagen-Haspe in ihrem Vortrag: Menschen mit geistiger Behinderung – oder weniger diskriminierend ausgedrückt: Menschen mit anderen Lernmöglichkeiten oder Menschen mit intellektuellen Entwicklungsstörungen.

Anschaulich beschrieb die Ärztin, inwieweit die gesellschaftspolitischen Erwartungen an die moderne Medizin der Komplexität und den Bedürfnissen der Patienten nicht gerecht werden.

„Notwendige Untersuchungen werden oft nicht durchgeführt, weil Patienten ‚nicht führbar‘ sind.“

Ein Satz, der wachrütteln sollte. Szczerba verglich eine geistige Behinderung mit einer Art Sichtblende vor den Symptomen. Werde beispielsweise Schmerz nicht auf die gewohnte Weise geäußert, bliebe er für Außenstehende oft unerkannt. Das führe nicht selten dazu, dass trotz gesundheitlicher Probleme keine Diagnose und keine adäquate Therapie erfolge. Überforderung des medizinischen Personals führe oft zu Abweisung, vorzeitigen Entlassungen oder einem Unterlassen indizierter Behandlungen; Studien ergaben in vielen Fällen sogar einen vorzeitigen, vermeidbaren Tod.

Auch die Äußerungen betroffener Patienten, was sie im Kontakt mit Ärzten empfinden, sind eine deutliche Aufforderung zur Selbstreflexion und für mehr Respekt im Umgang mit diesen Menschen (Kasten). Diese Kritik betrifft ganz sicher nicht nur Ärzte, sondern ist auch auf andere Personen im Gesundheitswesen, wenn nicht sogar auf jegliche Kontakte im Arbeits- und Privatleben der meisten Menschen, übertragbar. Viele dürften aus Unsicherheit im Umgang mit Menschen mit Behinderung derartige „Fehler“ machen und sich beim Lesen dieser Kritikpunkte insgeheim an die eigene Nase fassen.

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