Pharmakologie aktuell

Paliperidon

Ein „neues“ atypisches Antipsychotikum

Paliperidon ist der aktive Metabolit des atypischen Antipsychotikums Risperidon. Im Unterschied zu diesem wird es praktisch nicht Cytochrom-P450-2D6-abhängig verstoffwechselt. Paliperidon wurde in einer verzögert freisetzenden Formulierung entwickelt, um bei einmal täglicher Gabe gleichmäßig hohe Plasmaspiegel zu erreichen. Für diese Formulierung wurde inzwischen die Zulassung in den USA und in der EU beantragt. Basis sind die Ergebnisse von drei klinischen Studien mit über 1 600 Patienten.

ÜbersichtMichael Reiß, Radebeul, und Gilfe Reiß, Dresden

Schluckauf

Ursachen, Diagnostik und Therapie

Unter Schluckauf oder Singultus versteht man eine unwillkürliche, meist in unregelmäßigen Serien auftretende Kontraktion des Zwerchfells und der Atemhilfsmuskulatur mit einem Verschluss der Stimmritze, so dass es zu den typischen „hicksenden“ Geräuschen kommt. Schluckauf ist ein gastrointestinaler Reflex, wobei die Funktion und der Reflexbogen nicht völlig geklärt sind. Schluckauf ist einerseits ein physiologischer Vorgang, da er bereits vor der Geburt in der Gebärmutter nachweisbar ist. Andererseits unterscheidet man einen akuten, banalen Schluckauf von einer chronischen oder einer therapieresistenten Form, die pathologisch ist. Es sind über 100 Ursachen bekannt. Die häufigste Ursache findet sich im Gastrointestinaltrakt. Die Therapie kann in Form eines Stufenprogramms erfolgen. Wenn einfache physikalische Maßnahmen nicht erfolgreich sind, wenn eine kausale Therapie versagt oder nicht möglich ist, kann eine medikamentöse Therapie mit Baclofen oder Metoclopramid versucht werden. Die Unterbrechung des Reflexbogens beispielsweise in Form einer Phrenikotomie ist nur in Ausnahmefällen erforderlich.

ÜbersichtWolfgang Herrmann, Markus Herrmann und Rima Obeid, Homburg

Hyperhomocysteinämie und B-Vitaminmangel

Aktuelle klinische Aspekte

Moderate Hyperhomocysteinämie gilt als unabhängiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ist Risikofaktor für neurodegenerative Erkrankungen, für osteoporotische Frakturen und Komplikationen in der Schwangerschaft. Unterversorgung mit B-Vitaminen und Malabsorption sind die häufigsten Ursachen einer Hyperhomocysteinämie, von der vor allem ältere Menschen mit hoher Prävalenz betroffen sind. Im Folgenden werden relevante epidemiologische Studien und mögliche Pathomechanismen zur Hyperhomocysteinämie diskutiert. Die Ergebnisse der aktuellen Interventionsstudien mit B-Vitaminen zur Primär- und Sekundärprävention von kardiovaskulären und degenerativen Erkrankungen werden besprochen und kritisch gewertet. Die Absenkung des Homocystein-Spiegels durch B-Vitamine verringert nachweislich das Schlaganfallrisiko. Die Datenlage zur Nützlichkeit einer Homocystein-senkenden Vitamintherapie bei kardiovaskulären Erkrankungen ist derzeit für eine endgültige Bewertung noch nicht ausreichend. Der Messung des Homocystein-Spiegels als präventiv-medizinische Maßnahme kommt vor allem bei Risikopatienten ein besonderer Stellenwert zu.

FlaggeEnglish abstract

Hyperhomocysteinemia and B-vitamin deficiency. Current clinical aspects

Mild to moderate hyperhomocysteinemia has been recognized as an independent risk factor for coronary heart diseases, neurodegenerative diseases, osteoporosis, and pregnancy complications. Low intakes and decreased absorption of the B-vitamins are the most common causes of hyperhomocysteinemia, which is very prevalent in elderly people. The current review summarizes results from epidemiological studies and presents possible pathological mechanisms of hyperhomocysteinemia. In addition, the current study is a critical evaluation of results from several intervention studies that have been initiated for primary or secondary prevention of coronary and degenerative diseases. Lowering the risk of stroke is currently the most impressive effect of homocysteine-lowering-treatment and underlines the causal relationship. Available data is not sufficient for a final conclusion about the effectiveness of homocysteine-lowering in patients with coronary vascular diseases. Current recommendations stress the importance of measurement of plasma concentrations of homocysteine in patients with multiple risk factors. This allow early intervention with B-vitamins.

ErnährungsforumAlexander Ströhle und Andreas Hahn, Hannover

Erhöht der Verzehr von Milch und Milchprodukten das Krebsrisiko?

Vor dem Hintergrund einer Reihe von epidemiologischen Studienergebnissen, die auf einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Milch und Milchprodukten und einem erhöhten Risiko für epitheliale Tumoren hindeuten [7, 9, 14], reagieren viele Verbraucher verunsichert. Entsprechend mehrdeutig und gegensätzlich sind Aussagen zu den gesundheitlichen Effekten des Milchverzehrs. Aus gegebenem Anlass soll hier ein kurzer Überblick des wissenschaftlichen Datenmaterials gegeben werden.

Fragen aus der Praxis

Acetylsalicylsäure bei einem vierjährigen Kind mit Mittelohrentzündung?

In der Apotheke wird ein Rezept für ein 4 Jahre altes Kind mit eitriger Mittelohrentzündung vorgelegt: Zithromax®, Paracetamol-Zäpfchen und Aspirin® N 100 mg. Auf Nachfrage wird von der Mutter erklärt, dass zunächst die Paracetamol-Zäpfchen eingesetzt werden sollen und dann gegebenenfalls die Aspirin®-Tabletten. Was ist von diesem Vorgehen zu halten?

Referiert & kommentiertsh

Glaukom

Latanoprost induziert COX-2 am Ort der Kammerwasserbildung

Das Antiglaukommittel Latanoprost senkt den Augeninnendruck, indem es den Kammerwasserabfluss erhöht. Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg haben jetzt einen möglichen Wirkungsmechanismus gefunden, bei dem die Induktion der Cyclooxygenase-2 (COX-2) eine wichtige Rolle spielen könnte [1].

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Invasive Pneumokokken-Erkrankungen

Konjugat-Impfstoff verändert die Epidemiologie der Infektion

Die Anwendung eines Pneumokokken-Konjugat-Impfstoffs bei Kleinkindern resultierte in einem Rückgang invasiver Pneumokokken-Erkrankungen bei älteren Erwachsenen. Allerdings scheinen Personen mit bestimmten zusätzlichen Erkrankungen weniger als gesunde vom indirekten Effekt der neuen Vakzine zu profitieren.

Referiert & kommentiertDr. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

Kann Tioptropiumbromid den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen?

Für die symptomatische Therapie der COPD steht neben Beta-2-Sympathomimetika auch der langwirksame m-Cholinozeptor-Antagonist Tioptropiumbromid (Spiriva®) zur Verfügung. Neue Studienergebnisse sprechen dafür, dass Tioptropiumbromid auch die Progression der Erkrankung günstig beeinflussen kann. Dieser Frage soll jetzt im Rahmen einer großen Studie (UPLIFT-Studie) nachgegangen werden.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, München

Benigne Prostatahyperplasie

Sägepalmen-Extrakt unwirksam?

In einer randomisierten, doppelblinden, Plazebo-kontrollierten Studie bei Männern mit benigner Prostatahyperplasie verbesserte die einjährige Behandlung mit Sägepalmen-Extrakt weder subjektiv noch objektiv Krankheitsparameter im Vergleich zu Plazebo.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, München

Patienten nach Herzinfarkt

Erhöhte Sterblichkeit durch l-Arginin?

Durch eine l-Arginin-Gabe verbesserten sich weder die Gefäßelastizität noch die linksventrikuläre Auswurffraktion bei Patienten nach Myokardinfarkt in einer randomisierten Plazebo-kontrollierten Doppelblindstudie. In der Verum-Gruppe traten signifikant mehr Todesfälle auf als in der Plazebo-Gruppe. Daher wird derzeit von einer l-Arginin-Gabe bei Myokardinfarkt-Patienten abgeraten.

Referiert & kommentiertAndrea Warpakowski, Itzstedt

Sitagliptin

DPP-4-Hemmer erhöht Inkretin-Spiegel

Der Dipeptidylpeptidase-4-Hemmer (DPP-4-Hemmer) Sitagliptin erhöht die Konzentration an Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1), einem Inkretin, das nach dem Essen gebildet wird und das die Beta-Zellen des Pankreas zur Insulin-Produktion stimuliert und die Bildung von Glucagon supprimiert.

Referiert & kommentiertDr. Christiane Potz-Biedermann, Tübingen

Brustkrebs

Mammographie-Screening und adjuvante Therapie senken Brustkrebs-Sterberate

Die Sterblichkeitsrate für Brustkrebs ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Verantwortlich dafür ist die vermehrte Teilnahme der Frauen am Mammographie-Screening und die Einführung der adjuvanten Therapie in Form von Chemo- und Hormontherapie. In einer Modellrechnung wurde ermittelt, wie viel beide Ansätze zu der beobachteten Sterblichkeitsreduktion beitragen.

Referiert & kommentiertRosemarie Ziegler, Albershausen

Genussmittel

Keine langfristige Blutdruckerhöhung durch Kaffee

Bei der 12-jährigen Beobachtung von über 150000 US-amerikanischen Frauen in einer prospektiven Kohortenstudie ließ sich keine lineare Beziehung zwischen gewohnheitsmäßigem Kaffeekonsum und höherem Risiko für Bluthochdruck feststellen.

Referiert & kommentiertsh

Restless-Legs-Syndrom

Dopaminagonisten zur Therapie

Mit Pramipexol (Sifrol®) und Ropinirol (Adartrel®) sind nun zwei Dopaminagonisten für die Therapie des mittelgradigen bis schweren Restless-Legs-Syndrom zugelassen worden.