Pharmakologie aktuellSukhbaatar Nymdelger und Karen Nieber, Leipzig

Pregabalin

Ein Neuromodulator zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen, Angststörungen und Fibromyalgie

In Deutschland werden rund 7,5 Mio. Menschen von chronischen Schmerzen gequält. Etwa ein Viertel davon leidet unter Nervenschmerzen – den so genannten neuropathischen Schmerzen. Für die Therapie dieser Patienten steht seit Anfang September 2004 mit dem Antikonvulsivum Pregabalin (Lyrica®) eine weitere Option zur Verfügung. Das GABAA-Analogon verringert die Freisetzung von Neurotransmittern, verändert die neuronale Erregbarkeit im Sinne einer Dämpfung und wirkt schmerzlindernd, angstlösend und krampflösend. Pregabalin ist ebenfalls zur Behandlung von Angststörungen zugelassen und wurde am 21. Juni 2007 von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA als erstes Medikament zur Therapie der Fibromyalgie freigegeben.

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Pregabalin – a neuromodulator for the treatment of neuropathic pain, generalized anxiety disorders and fibromyalgia syndrome

Synthesized in 1990 as an anticonvulsant agent, Pregabalin was designed as a lipophilic gamma-aminobutyric acid (GABA) analog substituted at the 3'-position in order to facilitate diffusion across the blood-brain barrier. It is an α2δ1 ligand that binds to, and modulates, voltage-gated calcium channels. This modulation is characterized by a reduction of the excessive neurotransmitter release that is observed in certain neurologic and psychotic disorders. Pregabalin has analgetic, anticonvulsant, and anxiolytic activity and has demonstrated efficacy in the management of neuropathic pain associated with diabetic peripheral neuropathy, postherpetic neuralgia, and as adjuvant therapy for adult patients with partial onset seizures. Pregabalin was significantly more effective than placebo for the treatment of generalized anxiety disorder as well as of fibromyalgia and was well tolerated by most of the patients.

ÜbersichtReinhard J. Boerner, Quakenbrück

Generalisierte Angststörung (GAS)

Diagnose und Therapie

Die generalisierte Angststörung ist eine bedeutsame psychische Störung mit deutlicher Komorbidität und häufig chronischem Verlauf. Die Abgrenzung zur depressiven Störung ist nicht einfach. Die komplexe Ätiologie und Pathogenese begründen ein integratives therapeutisches Denken und Vorgehen, das aber nicht notwendigerweise eine Kombination aus Pharmakotherapie und Psychotherapie nahelegt. Im Folgenden werden Evidenz-basierte Standards der Therapie dargestellt.
Die Pharmakotherapie mit SSRI, SNRI, Opipramol, Buspiron und Pregabalin erlaubt eine wirksame Behandlung. Die empirisch valdierte Verhaltenstherapie ist alternativ möglich. Bei beiden Verfahren besteht allerdings eine nennenswerte Therapie-Non-Response.

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Generalized anxiety disorder (GAD) – diagnosis and therapy

The GAD is an important psychiatric disorder with high comorbidity and often chronic course. The differentiation against depression is not easy. In this review evidence based standards of therapy are discussed. The complex etiology and pathogenesis give a rationale for an integrative therapeutic approach, but this does not necessarily mean a combination of pharmacotherapy and psychotherapy for every patient. The pharmacotherapy with SSRI, SNRI, Opipramol, buspirone and Pregabalin allows an effective treatment. The empirical validated behaviour therapy is alternatively possible. Both approaches include a respectable number of therapy non-responders.

Der klinisch-pharmazeutische FallJulika Mareile Klemmer, Sonja Schmitz, Susanne Roth, Sven Simons, Nele Reineking, Bonn, Albrecht Eisert, Barbara Lang, Köln, und Ulrich Jaehde, Bonn

Pharmazeutische Betreuung einer Patientin mit primärem Parkinson-Syndrom

Die häufig komplexe Medikation geriatrischer Patienten birgt ein großes Risiko für arzneimittelbezogene Probleme wie zum Beispiel Interaktionen, unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Medikationsfehler. An dem hier dargestellten Fallbeispiel wird die Arzneimitteltherapie einer Parkinson-Patientin anhand des SOAP-Schemas erörtert.Die vorliegende Publikation entstand im WS 2006/2007 im Rahmen des Wahlpflichtfachs Pharmazeutische Betreuung an der Universität Bonn in Zusammenarbeit mit dem St. Marien Hospital Köln.

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Pharmacotherapy of a geriatric patient with Parkinson's disease

Geriatric patients are often treated with a variety of drugs. Due to the complex pharmacotherapy there is a high potential of drug-related problems such as drug-drug interactions, adverse effects and medication errors. This article describes how the drug therapy of a geriatric patient with Parkinson’s disease was optimized using SOAP notes.

Der klinisch-pharmazeutische FallGesine Picksak und Dirk O. Stichtenoth, Hannover

Angiotensin-II-Antagonisten alternativ zu ACE-Hemmern bei Angioödem?

Anamnestisch bekannte angioneurotische Ödeme gelten als Kontraindikation für die weitere Gabe eines Angiotensin-Konversionsenzym-(ACE-)Hemmers. Ursachen für das Auftreten eines Angioödems sind: 1. ein verminderter Abbau von Bradykinin, 2. der C1-Esterase-Inhibitor-Mangel mit einer erhöhten Bildung von Bradykinin oder 3. sonstige Trigger wie Lebensmittel, Pollen und Stress.
Angiotensin-II-Antagonisten hemmen den Bradykinin-Abbau nicht, daher gilt das Angioödem laut Fachinformation offiziell nicht als Kontraindikation.
Bei Patienten mit anamnestischen oder unter ACE-Hemmer aufgetretenem Angiödem kann – sofern die Therapie mit ACE-Hemmern/Angiotensin-II-Antagonisten unverzichtbar ist – die Umstellung auf Angiotensin-II-Antagonisten unter adäquater Therapiekontrolle erfolgen.

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Are AT1 receptor antagonists an alternative to ACE inhibitors in angioedema?

History of angioedema is a contraindication for ACE-inhibitors. Angioedema is caused by: 1. a decreased degradation of bradykinin, 2. a defect in C1-Esterase-Inhibitor with the increased generation of bradykinin or 3. other trigger mechanisms as food, pollen and stress.

AT1 receptor antagonists do not inhibit the degradation of bradykinin. Thus angioedema is no contraindication for AT1 receptor antagonists.

In patients with an anamnestic angioedema or ACE-induced angioedema AT1 receptor antagonists can be given under close monitoring provided that there is strong indication for inhibition of the renin-angiotensin system.

Keywords: AT1 receptor antagonists, ACE-inhibitors, angioedema

Fragen aus der Praxis

Schützt die Influenzaimpfung vor der Vogelgrippe?

Auch Eltern deren Kinder keiner Risikogruppe angehören, fragen nach der Grippeimpfung. Bei einer möglichen „Vogelgrippe“-Epidemie wird ein abgemilderter Verlauf der Erkrankung in Aussicht gestellt. Stellt die Influenzaimpfung bei Kindern einen unmittelbaren Nutzen angesichts der nach Europa dringenden „Vogelgrippe“ dar? Wie ist der Stellenwert der Influenzaimpfung im Hinblick auf ein immer wahrscheinlicher werdendes Auftreten einer humanpathogenen H5N1-Variante allgemein zu bewerten?

Referiert & kommentiertam

HIV/AIDS

Integrasehemmer Raltegravir – Sprunginnovation in greifbarer Nähe?

Die Gabe des Integrasehemmers Raltegravir zusätzlich zu einer optimalen antiretroviralen Hintergrundtherapie führte zu einem deutlich besseren Therapieergebnis als die Gabe einer optimierten Hintergrundtherapie plus Plazebo: Mehr als 70 % der intensiv vorbehandelten HIV-Infizierten, die Resistenzen akkumuliert hatten, verglichen mit etwa 40 % erreichten eine Reduktion der Virusmenge unter die Nachweisgrenze von < 400 Kopien/ml. Weiterhin stieg die CD4-Zellzahl deutlicher, so das Ergebnis einer ersten Zwischenanalyse von zwei Phase-III-Studien nach 16 Wochen.
Raltegravir hemmt die Integrase, ein wichtiges Enzym im Replikationszyklus des humanen Immundefizienz-Virus (HIV). Es gehört zu einer neuen, viel versprechenden antiretroviralen Wirkstoffklasse. Die Daten aus der bereits weit fortgeschrittenen klinischen Entwicklung von Raltegravir wurden auf einem Satellitensymposium im Rahmen des 3. Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongresses von MSD am 28. Juni 2007 in Frankfurt präsentiert.

Referiert & kommentiertam

Hantaviren

Infektionszahl steigt!

Die Zahl der Hantavirus-Infektionen ist im Vergleich zum Vorjahr um das 7fache gestiegen. Zwischen Januar und Anfang Juni 2007 wurden an das Robert Koch-Institut 526 labordiagnostisch bestätigte Erkrankungsfälle gemeldet, im Jahr 2006 waren es im gleichen Zeitraum durchschnittlich 71. Die Meldungen kamen überwiegend aus Baden-Württemberg (n = 405) – hier insbesondere von der Schwäbischen Alb, einem bekannten Endemiegebiet –, gefolgt von unter anderem Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Hepatitis-C-Virus-Infektion

Neue Therapieansätze

Nachdem der Replikationszyklus des Hepatitis-C-Virus (HCV) aufgeklärt ist, können neue Substanzen mit direkter antiviraler Wirkung entwickelt werden. Im Prinzip ist es möglich, an allen Stellen dieses Zyklus medikamentös einzugreifen, um die Virusvermehrung zu hemmen. Die meisten Aussichten auf Erfolg bietet derzeit die Inhibition der HCV-Protease und der HCV-Polymerase.

Referiert & kommentiertRosemarie Ziegler, Albershausen

Diabetes mellitus Typ 2

Reduziertes Risiko durch Vollkornprodukte?

Die Ergebnisse einer prospektiven Studie und einer Metaanalyse deutscher Wissenschaftler weisen darauf hin, dass eine ballaststoffreiche und magnesiumhaltige Vollkornkost das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, signifikant verringert.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Diabetes mellitus Typ 1

Wird die kognitive Funktion durch die Therapie beeinflusst?

Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 wurde in einem Beobachtungszeitraum von 18 Jahren trotz häufiger hypoglykämischer Ereignisse infolge einer intensivierten Insulin-Therapie keine Verschlechterung der kognitiven Funktion beobachtet.

Referiert & kommentiertMartin Droßbach, Lüneburg

Schlaganfall

Enoxaparin-Natrium verhindert venöse Thromboembolien wirksamer als unfraktioniertes Heparin

In einer groß angelegten prospektiven randomisierten Multicenter-Studie wurden die Wirksamkeit und Sicherheit des niedermolekularen Heparins Enoxaparin-Natrium (Clexane®) im Vergleich zu unfraktioniertem Heparin (UFH) zur Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) bei Patienten nach ischämischem Schlaganfall untersucht.

Referiert & kommentiertDr. Dorothee Rüsing, Münster

Antikoagulation

Überbrückende Antikoagulation bei interventionellen Eingriffen oder Operationen

Patienten, die aufgrund eines erhöhten Thromboembolierisikos permanent mit einem oralen Antikoagulans (Vitamin-K-Antagonisten) behandelt werden, müssen vor einem geplanten chirurgischen Eingriff in der Regel auf Antikoagulanzien mit einer kürzeren Halbwertszeit umgestellt werden. Die Überbrückung der oralen Antikoagulation mit Heparinen („perioperatives Bridging“) bietet den Vorteil einer wesentlich besseren Steuerbarkeit. So wird ein erhöhtes Blutungsrisiko reduziert und mögliche thromboembolische Komplikationen während des Eingriffs werden verhindert.

Referiert & kommentiertRosemarie Ziegler, Albershausen

Koronaratherosklerose

„HDL-Infusionen“ bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom

Kurzzeitige Infusionen von CSL-111, das humanem HDL-Cholesterol biologisch und chemisch gleicht, reduzierten zwar das Atheromvolumen von Patienten mit akutem Koronarsyndrom nicht signifikant, die Plaque-Charakterisierungsindizes und Befunde der quantitativen Koronarangiographie wurden aber deutlich verbessert, so die Ergebnisse einer randomisierten Plazebo-kontrollierten kanadischen Studie.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

Kein Überlebensvorteil durch Kombinationstherapie

Bei Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung konnte die Gesamtsterblichkeit durch eine Kombinationstherapie, bestehend aus Salmeterol und Fluticason, nicht wie erwartet statistisch signifikant gesenkt werden. Bei sekundären Studienendpunkten, wie Häufigkeit von Exazerbationen, gesundheitlicher Zustand oder Lungenfunktion, war die Kombination Plazebo sowie den Einzelkomponenten überlegen.

Referiert & kommentiertRosemarie Ziegler, Albershausen

Knochenfestigkeit

Größeres Risiko für Oberschenkelhalsfrakturen bei eingeschränkter Nierenfunktion

Frauen mit mäßiger Niereninsuffizienz haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Oberschenkelhalsfrakturen, insbesondere für Frakturen unterhalb des Schenkelhalses (so genannte Trochanterbrüche), im Vergleich zu Frauen mit weniger schwer ausgeprägter Nierenfunktionsstörung, so das Ergebnis einer Fall-Kohorten-Studie mit Frauen (> 65 Jahre) im Rahmen der „Study of Osteoporotic Fractures“.