EditorialProf. Dr. med. Peter Vaupel, München Prof. Dr. med. M. R. Nowrousian, Durbach

Wie sicher sind Erythropoese-stimulierende Arzneistoffe bei Chemotherapie-induzierter Anämie?

Pharmakologie aktuellMichaela Kress, Innsbruck

Physiologie und Pharmakologie von Vanilloidrezeptoren

Vanilloidrezeptoren sind Ionenkanäle, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Vor allem der Capsaicinrezeptor TRPV1 spielt eine wichtige Rolle bei der Schmerzentstehung. Durch TRPV1-Agonisten und Antagonisten lassen sich bestimmte Schmerzformen klinisch gut behandeln. Entgegen den anfänglich großen Erwartungen an TRPV1-Antagonisten verbietet die fieberinduzierende Wirkung einer Reihe von Substanzen der ersten Generation jedoch weitgehend deren klinischen Einsatz. Erste Ergebnisse deuten nun darauf hin, dass neuere Antagonisten nicht zu Fieberzuständen führen, obwohl sie gut analgetisch wirksam sind. Weitere therapeutische Ansätze ergeben sich möglicherweise aus der Entwicklung von Substanzen, die andere TRPV-Kanäle hemmen.

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Physiology and pharmacology of vanilloid receptors

Vanilloid receptors are ion channels that serve several important functions in the human body. In particular the TRPV1 receptor for the pungent ingredient of red hot chili peppers capsaicin has an important role in the pain system. Agonists and antagonists at TRPV1 are potent analgesics. However, in spite of initially great expectations fever induction by TRPV1 antagonists has delayed clinical use of these drugs. First evidence now suggests, that novel TRPV1 antagonists may not induce hyperthermia despite they are potently analgesic. Further clinical benefit may come from the use of drugs targeting TRPV channels other than TRPV1.

ÜbersichtGilfe Reiß, Dresden, und Michael Reiß, Radebeul

Trigeminusneuralgie – Diagnose und Therapie

Die Trigeminusneuralgie ist durch eine blitzartig einschießende, extrem heftige, elektrisierende und stechende Schmerzsymptomatik im Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus mit Triggermechanismen gekennzeichnet. Ursache ist meist ein Gefäß-Nerven-Kontakt im Bereich der Nervenwurzel mit umschriebener Demyelinisierung des Trigemimusnervs. Die Diagnose stützt sich auf die typische Anamnese und den klinischen Untersuchungsbefund. Weitere Untersuchungen (vor allem Magnetresonanztomographie) können helfen, andere Erkrankungen auszuschließen. Es ist wichtig, eine symptomatische von einer primären, klassischen Trigeminusneuralgie zu differenzieren. Im Vordergrund steht die konservative, medikamentöse Therapie. Erst wenn diese ausgeschöpft ist, sind chirurgische Maßnahmen indiziert. In den letzten Jahren werden auch radiochirurgische Maßnahmen eingesetzt.

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Trigeminal neuralgia – diagnosis and therapy

Trigeminal neuralgia is a sudden, severe, brief, recurrent, stabbing pain in the distribution of the trigeminal nerve. It is a complex but important disorder to diagnose. It is mostly caused through neurovascular relationship at the trigeminal root entry zone with a locally circumscribed demyelinisation of the trigeminal nerve.

Diagnosis is by careful history and the clinical investigation. Ancillary tests (especially magnetic resonance imaging) can help rule out other associated pathology. It is essential to differentiate the symptomatic from the primary or classical trigeminal neuralgia.

Treatment involves medication first and then surgical procedures if a patient is refractory to medicinal therapy. Radiosurgical treatment offers some success as well.

Key words: Trigeminal neuralgia, facial pain, physiopathology, drug therapy, ganglionic local opioid analgesia, percutaneous therapy, surgical decompression, radiosurgery.

ÜbersichtUwe Junker, Remscheid, und Stefan Wirz, Bad Honnef

Phantomschmerz – Pathogenese und Therapie

Phantomschmerz ist definiert als Schmerz, der in einem fehlenden (amputierten) Körperteil empfunden wird. Im angelsächsischen Sprachgebrauch wird etwas genauer von „phantom limb pain“ gesprochen. Er wird zu den neuropathischen Schmerzen gerechnet und steht in Zusammenhang mit Schädigungen zentraler und peripherer Neurone. Er tritt am häufigsten nach einer Amputation an Armen oder Beinen auf, kann aber auch andere amputierte Körperteile wie Augen, Hoden, Mammae, Penis, Rektum, Zähne oder Zunge betreffen. Mit dem akuten Auslösen des Phantomschmerzes in Zusammenhang stehen physikalische Faktoren, wie bestimmte Haltungen oder Bewegungen des Phantomgliedes, Änderungen der Witterungsverhältnisse oder Druck auf den Amputationsstumpf, sowie psychologische Faktoren, beispielsweise emotionaler Stress. Schmerzqualität und Schmerzintensität sind sehr variabel.
Positiv korreliert mit dem Phantomschmerz ist der Stumpfschmerz, also Schmerz im zurückbleibenden Gliedmaßenstumpf. Akute postoperative Schmerzen im Bereich der Amputationswunde sowie akute postoperative Schmerzen im Gliedmaßenstumpf und im Phantom müssen differenziert werden vom eigentlichen Phantomschmerz, der erst später einsetzt und oft jahrelang anhält. Auch akute und chronische Schmerzen vor einer Amputation spielen eine Rolle bei der Inzidenz, Art und Schwere des Phantomschmerzes in der Phase nach der Amputation.
Das Auftreten von Phantomschmerzen ist korreliert mit maladaptiven plastischen Veränderungen in der kortikalen Repräsentation der betroffenen Gliedmaßen, die im Zusammenhang stehen mit einem Verlust GABAerger Hemmung, Glutamat-vermittelten Änderungen, die Langzeitpotenzierungen ähneln, sowie strukturellen Änderungen in Form axonaler Sprossung. Solche Veränderungen scheinen stärker ausgeprägt zu sein, wenn vor einer Amputation chronische Schmerzen aufgetreten waren.
Mit zunehmendem Verständnis für die neurophysiologischen Grundlagen des Phantomschmerzes wird die Entwicklung von Verfahren zur Vorbeugung der Entstehung oder zur Beseitigung maladaptiver Gedächtnisspuren möglich werden.

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Phantom limb pain – pathogenesis and therapy

Phantom limb pain is pain sensed in an amputated limb. The occurrence of phantom limb pain correlates with maladaptive plastic changes within the cortical representation of the respective limb. The basis for this kind of changes is a loss of GABA-ergic inhibition, long-term potentiation-like glutamate-mediated changes and structural changes like axonal sprouting. These changes are more pronounced in cases where chronic pain preceded the amputation.

Therapy of phantom limb pain includes different pharmacological and non-pharmacological strategies and especially strategies that aim at maladaptive memory and neuroplastic processes.

Key words: Amputation, chronic pain, neuronal plasticity, neuropathic pain, stump pain, phantom limb pain

Fragen aus der Praxis

Operationen bei Corticoid-Dauertherapie: Glucocorticoid absetzen, beibehalten oder zusätzliche Gabe…

Ein Patient, der seit rund einem Jahr täglich 25 mg Prednison einnimmt, soll eine Hüft-Endoprothese bekommen. Soll Prednison vor der Operation abgesetzt werden?

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Idiopathische thrombozytopenische Purpura

Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten: Nach Romiplostim ist auch Eltrombopag zugelassen

Seit kurzem stehen zwei Substanzen aus der neuen Gruppe der Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten für die Behandlung von Patienten mit einer idiopathischen thrombozytopenischen Purpura zur Verfügung. Sie sind symptomatisch gut wirksam, die Sicherheit ist nach den derzeit vorliegenden Daten hoch; sie wirken im Gegensatz zu dem zuvor untersuchten Thrombopoetin nicht immunogen. Weitere Substanzen für die Therapie der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura befinden sich in Entwicklung.

Referiert & kommentiertDr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Akutes Koronarsyndrom

Thrombozytenfunktionshemmung mit Ticagrelor

Eine optimale Thrombozytenaggregationshemmung ist bei Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom ein unverzichtbares Therapieprinzip. Ticagrelor ist ein neuer, im Unterschied zu Clopidogrel reversibler Thrombozytenfunktionshemmer. In der PLATO-Studie konnte für diese Substanz im Vergleich zu Clopidogrel eine stärkere Wirksamkeit dokumentiert werden, und dies ohne ein erhöhtes Risiko für größere Blutungen.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Diabetes mellitus Typ 2

Überleben als Funktion von HbA1c

Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 scheint eine ambitionierte Blutzuckersenkung auf einen HbA1c-Wert von unter 6,5% ebenso wie ein hoher HbA1c-Wert die Gesamtsterblichkeit und die Häufigkeit von kardiovaskulären Ereignissen zu erhöhen. Sollten sich diese Ergebnisse erhärten, müssten die Leitlinien zur Diabetesbehandlung überarbeitet und ein minimaler HbA1c-Wert definiert werden.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Mammakarzinom

Endokrine Therapie in der adjuvanten und palliativen Situation

Neue Daten bestätigen das Konzept der Upfront- und Switch-Therapie mit Aromatasehemmern in der adjuvanten Behandlung des hormonsensiblen Mammakarzinoms bei postmenopausalen Frauen. Beim fortgeschrittenen Mammakarzinom sind Aromatasehemmer ebenfalls indiziert; für die Zweitlinien-Therapie ist der kompetitive Estrogenrezeptor-Antagonist Fulvestrant zugelassen, seit kurzem auch in einer 500-mg-Dosis.

Referiert & kommentiertDr. Luise Mansel, Haimhausen

Topische Anwendung von Diclofenac

Mizellen transportieren den Wirkstoff

Eingebettet in Mizellen aus Phospholipiden kann Diclofenac die äußere Barriereschicht der Haut durchdringen und von dort aus direkt ins Zielgewebe diffundieren. Dabei wird im subkutanen Gewebe und im Muskelgewebe eine mindestens ebenso hohe Wirkstoffkonzentration erreicht wie nach systemischer Anwendung. Die Plasmakonzentration bleibt hingegen geringer als bei oraler Einnahme.

Referiert & kommentiertReimund Freye, Baden-Baden

Neue Leitlinien zu Harnwegserkrankungen beim Mann

Der Begriff BPH deckt Krankheitsbild nicht genügend ab

Bei Blasenbeschwerden von Männern wird mit der neuen, noch nicht veröffentlichten Leitlinie der EAU (European Association of Urology) der Begriff „Male LUTS“ (Lower urinary tract symptoms) statt des bislang üblichen Begriffs der benignen Prostata-Hyperplasie verwendet. Die neue Nomenklatur wird begründet mit oft fälschlich interpretierten Blasenleiden bei Männern. Bislang zielt die Therapie dieser Erkrankungen meist auf eine Vergrößerung der Prostata ab, was aber oftmals der Ursache der Beschwerden nicht gerecht wird.

Referiert & kommentiertDr. Heike Oberpichler-Schwenk, Stuttgart

Antisense-Therapie

Mipomersen senkt LDL-Cholesterol