EditorialHeike Oberpichler-Schwenk

Intervention bei ACS: nicht immer alles sofort

ÜbersichtPer O. Schueller, Stephan Steiner, Düsseldorf, und Marcus G. Hennersdorf, Heilbronn

Vorhofflimmern

Vorhofflimmern stellt die häufigste Herzrhythmusstörung dar, die zur Aufnahme in das Krankenhaus führt. Sie nimmt im Alter stark zu, so dass aufgrund der bekannten demographischen Veränderungen unserer Gesellschaft diese Erkrankung eine zunehmende epidemiologische Relevanz erhält. Beim Auftreten von Vorhofflimmern sind die kardiovaskuläre Mortalität und das Risiko für einen Schlaganfall deutlich erhöht. Die interventionellen Therapiemöglichkeiten, wie spezielle Schrittmacheralgorithmen oder die Katheterablation, sind in den letzten Jahren erheblich erweitert worden. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern auch zukünftig vor allem eine Pharmakotherapie bleiben wird.

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Atrial fibrillation

Atrial fibrillation is the arrhythmia that most frequently leads to hospital admission. As prevalence of atrial fibrillation increases with age, its epidemiological relevance will increase due to the well-known changes in life expectancy. In the presence of atrial fibrillation the cardiovascular mortality and the risk for a stroke are considerably elevated. Interventional treatment, such as catheter ablation or special pacemaker algorithms, have been improved extensively in the last years as a therapeutic option. Nevertheless drug therapy is still the first choice of treating atrial fibrillation.

ÜbersichtMatthias Siepe und Florian Löffelbein, Freiburg

Das Marfan-Syndrom und verwandte Erkrankungen mit angeborener Bindegewebsschwäche

Das Marfan-Syndrom ist eine erbliche Krankheit des Bindegewebes. Bei den Patienten sind durch Defekte im Fibrillin-1-Gen oder ähnliche Mutationen mehrere Organsysteme in unterschiedlicher Ausprägung betroffen. Es treten gehäuft Aneurysmen der Aorta und Herzklappenfehler auf. Die Gefahr der Aortenaneurysmen liegt in einer möglichen Dissektion oder Ruptur des Gefäßes mit häufig fatalen Folgen. Neben dem kardiovaskulären System können auch die Augen und das Skelettsystem beteiligt sein. Typisch ist ein dünner, hochgewachsener Körperbau mit langen Fingern und überstreckbaren Gelenken. Auch ein hoher (gotischer) Gaumen ist ein charakteristisches Merkmal. Weitere, weniger häufige Merkmale sind rezidivierende Hernien, Hautdehnungsstreifen, Spontanpneumothoraces oder Aussackungen der Rückenmarkshaut. Um bei einem Patienten die Diagnose Marfan-Syndrom sicher stellen zu können, müssen genau definierte Kriterien erfüllt sein (Ghent-Nosologie). Zuletzt wurden auch Krankheitsbilder mit anderen Gen-Mutationen und ähnlichen Organmanifestationen (z. B. das Loeys-Dietz-Syndrom) beschrieben.
In dieser Übersichtsarbeit werden neben den Grundlagen zu den genannten Bindegewebserkrankungen auch neueste Erkenntnisse aus der Molekularmedizin zur Pathogenese erläutert, die neue medikamentöse Therapieverfahren eröffnen könnten. Ferner werden aktuelle Aspekte der prophylaktischen Behandlung von Aortenaneurysmen dargestellt.

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The Marfan syndrome and related connective tissue disorders

The Marfan syndrome is an inherited disorder of the connective tissue which is mainly caused by a mutation in the fibrillin-1 gene. The defect in the connective tissue protein can lead to several organ dysfunctions. For the life expectancy, the cardiovascular aspect is of paramount importance. Patients with Marfan syndrome may develop aortic aneurysms and valvular heart defects. The risk of aortic aneurysms consists in the development of aortic dissection or rupture with their fatal consequences. 

Besides the cardiovascular manifestation, the skeletal and ocular system can also be affected. The skeletal manifestation is often characterised by long limbs, arachnodactyly, and abnormal joint flexibility along with other signs. Patients may also have dislocated lenses, ectasia of the dural sac, stretch marks, spontaneous pneumothorax, recurrent hernia, or a family history suspicious for Marfan. 

During the past years, other related connective tissue disorders with analogous organ manifestation have been described (e.g. Loeys-Dietz syndrome). 

In this article we present the basic knowledge about these connective tissue disorders, and we mention new insights in the recently explored pathophysiology of the disorder which is a possible target for future medical treatment options. Furthermore, recent new concepts for the prophylactic treatment of the aortic manifestation are explained.

ÜbersichtMichael Reiß, Radebeul, und Gilfe Reiß, Dresden

Schwerhörigkeit im Alter

Ursachen und Behandlung

Obwohl viele Menschen im Alter noch ein gutes Hörvermögen haben, nimmt die Schwerhörigkeit im Alter immer mehr zu. Es existiert eine ganze Reihe pathophysiologischer Prozesse, die zu altersbedingten­ funktionellen Veränderungen führen. Die Altersschwerhörigkeit wird durch eine Innenohrschädigung vor allem im Bereich der Basalwindung der Kochlea bedingt. Die Faktoren umfassen­ neben physiologischen Alterungsprozessen endogene und exogene Ursachen. Die häufigste­ Form der Schwerhörigkeit im Alter ist nicht auf physiologische Alterungsprozesse, sondern vielmehr­ auf ein komplexes Schädigungsmuster der Sinneszellen zurückzuführen. Zu den wichtigsten­ exogenen­ Faktoren werden in Industrieländern Lärm und Überernährung gezählt. Hypoxie/Ischämie, Radikalbildung und oxidativer Stress, apoptotischer und nekrotischer Zelltod von Haarzellen und Spiralganglien sowie vererbte und erworbene Mutationen der mitochondrialen DNS werden als Auslöser der Altersschwerhörigkeit diskutiert.
Die Therapie besteht in einer möglichst frühzeitigen und beidseitigen Versorgung mit Hörgeräten, um die Kommunikation zu verbessern und die Hörbahn mit akustischen Signalen zu versorgen. Weiterhin werden verschiedene pharmakologische Behandlungsstrategien diskutiert. Vor allem um einen Schaden durch oxidativen Stress zu vermeiden oder zu mindern, kommt die Gabe von Antioxidanzien oder eine Kalorienreduzierung in Betracht. Ein weiterer Ansatz könnte die Überexpression oder die Modulation der Superoxiddismutase 2 (SOD2) in der Kochlea sein. Die Haarzellregeneration bietet in der Zukunft eine Möglichkeit zur Behandlung der Altersschwerhörigkeit.

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Presbyacusis: pathogenesis and treatment

Although many adults retain good hearing as they age, hearing loss associated with ageing is common among elderly persons. There are a number of pathophysiological processes underlying age-related changes to functional components. Presbyacusis is especially caused by cochlear degeneration, most pronounced in the basal cochlear coil. Factors include physiological ageing processes as well as endogenous or exogenous causes. The common form of hardness of hearing seen in old age is not due to physiological age-related changes, but rather to a complex sensorineural pattern of injury. In the industrial countries, two main exogenous causes are exposure to loud noise and obesity. Pathomechanisms contributing to presbyacusis are hypoxia/ischemia, reactive species formation and oxidative stress, apoptotic and necrotic death of hair cells and spiral ganglion cells as well as inherited and acquired mutations in the mitochondrial DNA.

Important for the successful treatment of presbyacusis is a timely fitting of hearing aids on both ears to improve communication, provide the auditory system with acoustic information, and potential prevention of social isolation. At present, several therapeutic interventions are under discussion. The application of antioxidants or caloric restriction is considered to prevent or reduce oxidative stress-induced damage. A further approach may be the overexpression or modulation of the superoxide dismutase 2 (SOD2) within the cochlea. Hair cell regeneration could also be a possible treatment of presbyacusis in the future.

Fragen aus der Praxis

Fluconazol bei rezidivierenden Candidavulvitiden

Ein 4 ½-jähriges Mädchen hat seit zwei Jahren rezidivierende Vulvitiden, verursacht durch Candida. Sie wurde schon lokal und systemisch mit Nystatin behandelt, war auch schon beim Gynäkologen. Ist jetzt der Einsatz von oralem Fluconazol sinnvoll?

Referiert & kommentiertDr. med. Nana Mosler, Wiesbaden

Alzheimer-Demenz

Frühzeitige Therapie entscheidend für das Fortschreiten der Demenz

Sofort nach der Demenz-Diagnose sollten Patienten auch eine antidementive Therapie erhalten. Schließlich haben viele Studien gezeigt, dass Patienten umso mehr von einer medikamentösen Therapie profitieren, je früher damit begonnen wird. Ihre kognitiven Fähigkeiten bleiben dann länger erhalten als bei einem späten Therapiebeginn. Eine frühe Diagnose kann auch durch verschiedene Biomarker wie die Bestimmung des Aβ-Proteins oder p-tau unterstützt werden.

Referiert & kommentiertDr. Annette Schlegel, Versmold

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

Tiotropiumbromid – effektive Langzeittherapie

Die Langzeittherapie mit Tiotropiumbromid führt bei Patienten mit COPD bei gegebenenfalls gleichzeitiger Einnahme weiterer COPD-Medikamente zu einer signifikant besseren Lungenfunktion, wobei allerdings die Progression der FEV1-Abnahme nicht verzögert wird. Zudem können Exazerbationen durch Tiotropiumbromid verhindert und die Lebensqualität insgesamt verbessert werden.

Referiert & kommentiertRosemarie Ziegler, Albershausen

Vitamin-D-Mangel

Niedriger Vitamin-D-Status geht mit höherem Sterberisiko einher

Eine prospektive Kohortenstudie belegt erstmals einen Zusammenhang zwischen niedrigen Serumspiegeln von Vitamin-D-Metaboliten und erhöhter Mortalität aufgrund jeglicher wie auch kardiovaskulärer Ursachen.

Referiert & kommentiertProf. Dr. Thomas Herdegen, Kiel

Paracetamol

Erhöhte Inzidenz von Asthma bronchiale durch Paracetamol

Die Einnahme von Paracetamol im ersten Lebensjahr erhöht die Inzidenz von Asthma bronchiale, Rhinokonjunktivitis und Ekzemen im Alter von 6 bis 7 Jahren. Auch bei Erwachsenen ist Paracetamol mit einer erhöhten dosisabhängigen Inzidenz von Asthma bronchiale verbunden. Diese Assoziierung ist von Analgetika-Asthma und Salicylat-Intoleranz abzugrenzen.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Fieber im Kindesalter

Paracetamol, Ibuprofen oder die Kombination am wirksamsten?

Bei Kindern im Vorschulalter konnte Ibuprofen das Fieber in den ersten vier Stunden schneller und länger senken als Paracetamol. Innerhalb von 24 Stunden war die Kombination aus beiden Wirkstoffen vorteilhafter als die jeweiligen Monotherapien. Signifikante Unterschiede bei den Kosten der drei Behandlungsmethoden wurden nicht ermittelt. Die Daten sprechen jedoch für einen größeren Kosten-Nutzen-Effekt der Kombinationstherapie über den Gesamtverlauf der Erkrankung.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Prostatakarzinom

Kombination aus endokriner Therapie plus Bestrahlung senkt Letalität

Bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom konnte eine endokrine Therapie, kombiniert mit einer Bestrahlung, deutlich bessere Ergebnisse erzielen als die endokrine Therapie allein. Die Rate unerwünschter Arzneimittelwirkungen stieg durch die Kombination nur gering.

Referiert & kommentiertBettina Christine Martini, Legau

Diabetes mellitus Typ 2

Exenatid einmal wöchentlich besser als zweimal täglich

Das Inkretin-Mimetikum Exenatid wurde in einer Formulierung zur verzögerten Wirkstofffreisetzung, die eine einmal wöchentliche Gabe ermöglicht, in einer Nicht-Unterlegenheitsstudie mit der bisher üblichen zweimal täglichen Injektion verglichen und erzielte eine Verbesserung der Blutzuckerkontrolle.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Schwere chronische Obstipation

Wie sicher und wirksam ist Prucaloprid?

Bei Patienten mit schwerer chronischer Obstipation konnte der selektive 5-HT4-Rezeptoragonist Prucaloprid, verabreicht über 12 Wochen, die Darmmotilität deutlich steigern und die Schwere der Symptome signifikant reduzieren. Weitere, vor allem Langzeitstudien, sind nötig, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Substanz, auch im Hinblick auf kardiale Nebenwirkungen, eindeutig zu klären.