EditorialRika Rausch

Gusto nach Genen

Übersicht

Erkrankungen durch humane Rhinoviren

Epidemiologie, Therapie und Prävention

Humane Rhinoviren (HRV) sind unbehüllte, einzelsträngige RNA-Viren. Sie sind die häufigsten Erreger akuter Erkrankungen der oberen Atemwege, verursachen aber auch Bronchiolitiden und Pneumonien. Humane Rhinoviren können zudem Exazerbationen bei Asthma bronchiale und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung hervorrufen. Die Behandlung HRV-induzierter Krankheitsbilder erfolgt meist symptomatisch, eine allgemein empfohlene antivirale Therapie gibt es nicht. Von den zahlreichen bei Erkältungen eingesetzten Präparaten vermögen nur wenige die Schwere der Symptome zu mindern und/oder die Krankheitsdauer zu verkürzen. Durch die strikte Einhaltung von Hygienemaßnahmen kann das Risiko für den Erwerb einer HRV-Infektion reduziert werden. Ein Impfstoff steht nicht zur Verfügung.

FlaggeEnglish abstract

Human rhinovirus diseases – epidemiology, treatment and prevention

Human rhinoviruses (HRV) are non-enveloped, single-stranded RNA viruses of the genus Rhinovirus in the family Picornaviridae. They are the most common causative agents of acute diseases of the upper respiratory tract (e. g., common cold), but they also cause acute lower respiratory tract illness, including bronchiolitis and pneumonia. In addition, human rhinoviruses are known to cause exacerbations of bronchial asthma and chronic obstructive pulmonary disease. The treatment of HRV-induced diseases is usually symptomatic and supportiv, a generally recommended antiviral therapy does not exist. For the treatment of the common cold, there are numerous preparations and applications. However, only a few of these agents and measures have been shown to be suitable to reduce the severity of symptoms or to shorten the duration of illness. The risk of acquiring an HRV infection can be reduced by strict adherence to suitable hygiene measures. An effective vaccine is not yet available.

Key words: human rhinovirus, picornaviridae, respiratory tract illness, common cold, sinusitis, bronchiolitis, pneumonia, asthma bronchiale, chronic obstructive pulmonary disease, symptomatic therapy, herbal remedy, clinical trial, prophylaxis, vaccine.

ÜbersichtAlexander Ströhle, Hannover, und Nicolai Worm, Saarbrücken

Gesundes Übergewicht!?

Warum das Übergewichts-Paradox nur scheinbar paradox ist

Die gesundheitlichen Auswirkungen von Übergewicht werden kontrovers beurteilt. Tatsächlich sind Übergewichtige und Adipöse eine metabolisch sehr heterogene Gruppe. Der Körpermassenindex (BMI) ist ohne gleichzeitige Betrachtung weiterer Parameter (Taillen- bzw. Bauchumfang, Blutdruck, Glucose- und Lipidwerte, körperliche Fitness) für gesundheitsbezogene Aussagen ungeeignet; er trennt nicht zwischen metabolisch „gesund“ und „krank“. Entscheidend für die Folgeerkrankungen der Adipositas ist die Fettverteilung. Die Entscheidung, ob eine abdominale oder gluteofemorale Form vorliegt, kann anhand des Taillen- und Hüftumfangs getroffen werden. Personen mit abdominalem Fettansatz weisen ein deutlich höheres Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf; auch das Sterblichkeitsrisiko ist erhöht. Neuere Befunde deuten darauf hin, dass das viszerale Fett ein Indikator für die parallel ablaufende Fettakkumulation der Organe im Bauchinnenraum ist. Die Akkumulation von Lipidverbindungen in nicht primär für die Fettspeicherung vorgesehenen Geweben wird als „ektopes Fett“ bezeichnet. Betroffen sind unter anderem Skelettmuskulatur, Leber, Pankreas und Niere. Die pathophysiologischen Effekte des ektopen Fetts und die damit zusammenhängenden Stoffwechselreaktionen können die mitunter widersprüchlichen medizinischen Befunde zum BMI und seinen gesundheitlichen Implikationen erklären – zumindest teilweise. Die Erkenntnisse dürften auch therapeutisch von Relevanz sein, da sich die Möglichkeit eröffnet, Störungen der Glucosetoleranz frühzeitig und ursächlich entgegenzuwirken.

FlaggeEnglish abstract

Healthy obesity? Why the adiposity paradox is only seamingly paradox

The health consequences of being overweight have been discussed controversially. Indeed, from a metabolic point of view, overweight and obese people are quite heterogenous. The body mass index (BMI) is not suitable to predict health oriented outcomes on an individual level without taking into account further parameters such as waist circumference, blood pressure, serum glucose, serum lipids, and physical fitness. The BMI does not distinguish between metabolically healthy and metabolically unhealthy. Of upmost importance for health consequences of obesity is body fat distribution. Two types of principally different fat distribution can be identified: abdominal and gluteofemoral fat. Waist circumference and hip circumference can be utilized to distinguish between those two types. People with accumulation of body fat in the abdominal region have a markedly higher risk of developing type-2-diabetes and cardiovascular disease. Moreover, their total mortality is increased. On the other hand, waist circumference is not sufficiently capable of indicating individual risk. Instead, the amount of visceral fat is believed to be a primary risk factor because of its metabolic characteristics (i. e. increased lipolysis, diabetogenic and atherogenic adipokine profile). Recent findings point to visceral fat being more an indicator of the parallel accumulation of fat deposits in organs placed in the abdomen. The accumulation of lipids in tissues not primary intended for fat storage is called „ectopic fat“. It can be found in muscle, liver, pancreas, and kidney. The fattening of those organs is now considered to have the key role in the pathogenesis of type-2-diabetes. The pathophysiological effects of ectopic fat and the associated metabolic derangements can solve the conflicting findings concerning health consequences of BMI – at least in part. Moreover, these findings may have therapeutic consequences. The reduction of ectopic fat as well as the modification of its metabolic effects – via dietetic, bariatric or pharmaceutic means – opens up the pathway to counteract impaired glucose tolerance early and in a causal way.

Key words: Overweight, obesity, BMI, ectopic fat, visceral fat, metabolically healthy obese

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

State-of-the-Art-Review

Delirium bei älteren Menschen

Das Delirium ist eine akute Störung von Aufmerksamkeit und Kognition. Vor allem bei älteren Menschen über 65 Jahre ist die Störung schwerwiegend und wird häufig nicht richtig diagnostiziert. Schätzungsweise die Hälfte der älteren Patienten in Krankenhäusern entwickelt eine solche Störung als Reaktion des Gehirns auf akute Noxen wie große Operationen oder psychoaktive Substanzen. In einer Übersichtsarbeit wurde der aktuelle Stand von Ursachen, Epidemiologie und klinischem Management in Prävention und Therapie des Deliriums älterer Menschen dargestellt.

Referiert & kommentiertMichael Koczorek, Bremen

Hereditäre Angioödeme

Schnelle Hilfe durch Bradykinin-Rezeptorantagonisten

Allergische und nichtallergische Angioödeme können leicht verwechselt werden. Ihr gemeinsames Merkmal sind Hautschwellungen, die jedoch unterschiedlich behandelt werden müssen. Nichtallergische Angioödeme sind Bradykinin-vermittelt und sprechen nicht auf Antihistaminika und Steroide an. Dies zu beachten ist vor allem im akuten Notfall einer Schleimhautschwellung im Kopf-Hals-Bereich wichtig, die inadäquat behandelt tödlich verlaufen kann. Der Bradykinin-Rezeptorantagonist Icatibant ist als Fertigspritze für die Selbstbehandlung in der Notfallsituation verfügbar und lässt Schwellungen schnell abklingen.

Referiert & kommentiertHelga Vollmer, M. A. München

Multiple Sklerose

Interferon beta-1b: Langzeiterfahrung – Langzeiterfolg

Fulminante Verlaufsformen bei multipler Sklerose sind heute eher die Ausnahme. Zu verdanken ist dies unter anderem der Therapie mit Interferon beta-1b. Zum 25-jährigen Jubiläum des Arzneistoffs stellte die Firma Bayer HealthCare auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie Ergebnisse aus Langzeitstudien und Erfahrungen aus dem Praxisalltag vor.

Referiert & kommentiertDr. Annette Junker, Wermelskirchen

Akute lymphatische Leukämie

Fortschritte in der Behandlung

Im August 2013 wurde die aus dem Bakterium Erwinia chrysanthemi gewonnene Asparaginase zur Behandlung der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) in Deutschland eingeführt und muss nicht mehr über Importe bezogen werden. Die Erstzulassung erfolgte 1985 in Großbritannien im Rahmen der Verabschiedung der Orphan-Drug-Gesetzgebung. Während einer Pressekonferenz von EUSA Pharma im Oktober 2013 in Frankfurt wurde das Arzneimittel vorgestellt.

Referiert & kommentiertReimund Freye, Baden-Baden

Analgesie

Debatte um die Ätiologie von Rückenschmerzen

Ist die neuropathische Komponente des Rückenschmerzes eine Erfindung der Pharmaindustrie? Vor diesem Hintergrund fand auf einem von Pfizer unterstützten Symposium eine Pro-Kontra-Debatte statt, in welcher sich die Redner entweder für eine nozizeptive oder eine neuropathische Ätiologie von Rückenschmerzen aussprachen. In der Synopse konnte festgehalten werden, dass sicherlich beide Komponenten Beachtung finden müssen.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Koronare Herzkrankheit

Risiko durch niedrige 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel nur bei Weißen und Chinesen erhöht

In einer multiethnischen, bevölkerungsbasierten, prospektiv angelegten US-amerikanischen Studie waren niedrige Spiegel von 25-Hydroxyvitamin D lediglich bei Weißen und Chinesen, nicht aber bei Schwarzen und Hispanics mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit verbunden. Ursachen sind vermutlich Unterschiede in Rezeptoraffinitäten, Enzymaktivitäten und dem Parathormonspiegel.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Metoclopramid in der Schwangerschaft

Kein erhöhtes Risiko für Missbildungen, Abort und Totgeburt

Die Einnahme von Metoclopramid während der Schwangerschaft steigert nicht das Risiko für angeborene Missbildungen insgesamt oder für bestimmte Einzelkategorien von Missbildungen wie Neuralrohrdefekte, Herzklappenfehler oder Kiefer- beziehungsweise Gaumenspalten. Auch das Risiko für einen Spontanabort oder eine Totgeburt ist nicht erhöht. Diese Daten wurden in einer großen datenbankbasierten Kohortenstudie mit über einer Million Schwangeren erhoben.

Referiert & kommentiertDr. Tanja Saußele, Stuttgart

Vitamin-K-Antagonisten

Rolle der Pharmakogenetik bei Therapiebeginn

Bei der Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten (Warfarin, Phenprocoumon) muss die Dosis individuell bestimmt werden. Die Wirksamkeit kann nicht nur durch Faktoren wie Alter, Geschlecht und Vitamin-K-Zufuhr beeinflusst werden, sondern auch durch genetische Polymorphismen im Cytochrom-P450-2C9- und dem Vitamin-K-Epoxid-Reductase-Gen. Die Ergebnisse von drei kürzlich publizierten, randomisierten Studien stellen jedoch die Bedeutung dieser Polymorphismen bei der Dosisfindung infrage.

Referiert & kommentiertProf. Dr. Martin Storr, München - Mit Autorenkommentar

Helicobacter-pylori-Infektion

Welche ist die „richtige“ Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie?

Zahlreiche Helicobacter-pylori-Eradikationsstrategien wurden in den letzten Jahren beschrieben und sind in Anbetracht zunehmender Antibiotikaresistenzen und lokal unterschiedlicher Resistenzlagen auch dringend erforderlich. Die Auswahl der geeignetsten Therapie gestaltet sich zunehmend schwieriger, auch weil es wenige vergleichende Therapiestudien gibt. McNicholl et al. haben in einer in GUT publizierten prospektiven Studie nun eine sequenzielle Tripeltherapie und eine gleichzeitige Quadrupeltherapie verglichen.

Referiert & kommentiertDr. Stefan Fischer, Stuttgart - Mit Autorenkommentar

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung

Tiotropium-Respimat-Inhalator steigert nicht die Mortalität

Eine randomisierte, doppelblinde Parallelgruppen-Studie zeigte bei COPD-Patienten keine Erhöhung der Mortalität unter Tiotropium-Therapie mit dem Respimat® im Vergleich zum HandiHaler®.